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Montag, 4. Januar 2016

Barmherzigkeit

Barmherzigkeit (lat. misericordia) ist Anteilnahme an der Not des Mitmenschen.
In ihr betätigt sich die Nächstenliebe (vgl. Lk 10,37).

Die sittliche Pflicht der Barmherzigkeit besteht schon von Natur aus.
Während das Heidentum alter und neuer Prägung vielfach darauf vergessen hat, fordert die christliche Sittlichkeit eindeutig Barmherzigkeit.
„Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen“ (Mt 5,7).
„Geht und lernet verstehen, was das heißt: Erbarmen will ich und nicht Opfer“ (Mt 9,13; vgl. 12,7; 18,33; 23,23; Röm 12,8; Kol 3,12; Jak 7,17).
„Denn das Gericht ist ohne Erbarmen für den, der kein Erbarmen geübt hat. Erbarmen jedoch triumphiert über das Gericht“ (Jak 2,13).
Schon das AT kündete als Weisung des Herrn: „Handelt ein jeder gütig und barmherzig an seinem Nächsten“ (Sach 7,9).
Christliche Barmherzigkeit findet ihr erhabenstes Vorbild in Christus und in Gott Vater.
„Mich erbarmt des Volkes“ (Mk 8,2). „Kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid: ich will euch erquicken“ (Mt 11,28). „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“ (Lk 6,36).
Besonders das NT läßt uns ja Gott als den Barmherzigen erkennen (Lk 1,78; Röm 9,16.23; 11,30-32; 12,1; 15,9; 2 Kor 1,3 u.a.).

Wie die Nächstenliebe im allgemeinen darf sich deren Teilverwirklichung, die Barmherzigkeit, nicht auf ein inneres Anteilnehmen beschränken, sondern muß sich in der Tat bewähren. Die Pflicht, Barmherzigkeit durch die Tat zu üben, wird selbstverständlich nur dann drängend, wenn dem Menschen wirkliche Not begegnet und wenn er die Möglichkeit hat zu helfen. Je schwerer die Not und je größer die Hilfsmöglichkeit, umso drängender die Pflicht, hilfreich einzugreifen. Je nach der Art der Not, in der sich der Mitmensch befindet, werden leibliche und geistige Werke der Barmherzigkeit unterschieden.

Zu den leiblichen Werken der Barmherzigkeit zählen (vgl. Mt 25,35 f.42 f): Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde beherbergen, für die Kleidung Dürftiger sorgen, die Kranken besuchen, sich um die Not Gefangener annehmen.
Jesus unterstreicht ihre Wichtigkeit: Seligkeit und Verdammung hängen davon ab, ob der Mensch in solchem Tun zum Liebenden geworden ist (Mt 25,34 f.41 f; vgl. 2. Vat. Konz., Apostolicam actuositatem 8).
Beispiele geistiger Werke der Barmherzigkeit sind: Unwissende belehren, den Zweifelnden recht raten, Betrübte trösten, Sünder zurechtweisen.
Wenn das Liebesgebot verpflichtet, das leibliche Wohl des Nächsten zu fördern, dann um so mehr das geistige Wohl, das noch größere Bedeutung hat. Diese Betätigung der Nächstenliebe ist hervorragende Aufgabe christlichen Apostolats. 


(aus: Karl Hörmann, Lexikon der christlichen Moral, LChM 1969, Sp. 55-58)






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