>> Die „Jugend [des Abbé Rancé] war dem
Vergnügen und der Lust gewidmet: er lebte endlich in einem leidenschaftlichen
Verhältnisse mit einer Frau von Montbazon. Eines Abends, als er diese besuchte,
fand er ihre Zimmer leer, in Unordnung und dunkel. Mit dem Fuße stieß er an
etwas: es war ihr Kopf, den man vom Rumpfe getrennt hatte, weil der Leichnam
der plötzlich Gestorbenen sonst nicht in den bleiernen Sarg, der daneben stand,
hätte gehen können.
Nach
Überstehen eines grenzenlosen Schmerzes wurde nunmehr, 1663, Rancé der
Reformator des damals von der Strenge seiner Regeln gänzlich abgewichenen
Ordens der [später so genannten] Trappisten, in welchen er sofort trat, und der
durch ihn zu jener furchtbaren Größe der Entsagung zurückgeführt wurde, in
welcher er noch gegenwärtig zu La Trappe besteht und, als die methodisch durchgeführte,
durch die schwersten Entsagungen und eine unglaublich harte und peinliche
Lebensweise beförderte Verneinung des Willens, den Besucher mit heiligem
Schauer erfüllt, nachdem ihn [jeden Besucher] schon bei seinem Empfange die
Demut dieser echten Mönche gerührt hat, die durch Fasten, Frieren, Nachtwachen,
Beten und Arbeiten abgezehrt, vor ihm, dem Weltkinde und Sünder, niederknien,
um seinen Segen zu erbitten.
In
Frankreich hat von allen Mönchsorden dieser allein sich, nach allen
Umwälzungen, vollkommen erhalten; welches dem tiefen Ernst, der bei ihm
unverkennbar ist und alle Nebenabsichten ausschließt, zuzuschreiben ist. Sogar
vom Verfall der Religion ist er unberührt geblieben“.
(Schopenhauer,
Arthur: Die Welt als Wille und Vorstellung, Werke in fünf Bänden, hrsg. von
Ludger Lütkehaus, Haffmanns Verlag, Zürich 1988 (nach der Ausgabe von 1859,
Leipzig, Brockhaus), Bd. II, S. 733f.)
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