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Sonntag, 31. Januar 2016

Das unablässige innere Gebet

„Höre nun, ich will dir jetzt vorlesen, auf welche Weise man das unablässige innere Gebet erlernen kann."
Der Starez schlug die ‚Tugendliebe‘ auf, suchte darin die Unterweisung des heiligen Symeon, des Neuen Theologen, und begann so: „Setz dich still und einsam hin, neige den Kopf, schließe die Augen; atme recht leicht, blicke mit deiner Einbildung in dein Herz, führe den Geist, das heißt das Denken, aus dem Kopf ins Herz. Beim Atmen sprich, leise die Lippen bewegend oder nur im Geiste:
,Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner.' 
Gib dir Mühe, alle fremden Gedanken zu vertreiben. Sei nur still und habe Geduld und wiederhole diese Beschäftigung recht häufig."

Hierauf erklärte mir der Starez alles dies, zeigte mir ein Beispiel dafür, und wir lasen noch in der ‚Tugendliebe‘ das, was der heilige Gregor, der Sinaite, und die heiligen Kallistos und Ignatios sagen. Alles, was wir in der ‚Tugendliebe‘ lasen, erklärte mir der Starez noch mit seinen eigenen Worten. Voll Begeisterung hörte ich mir alles aufmerksam an, verschlang es in mein Gedächtnis und bemühte mich, alles möglichst im einzelnen zu behalten. So verbrachten wir die ganze Nacht und gingen dann, ohne geschlafen zu haben, zur Matutin. Als mich der Starez entließ, segnete er mich und sagte, ich möge, solange ich dieses Gebet lernte, mit einfältiger Beichte zu ihm kommen, denn ohne Nachprüfung des Lehrmeisters wäre es weder gut noch erfolgversprechend, sich selbständig diesem inneren Tun hinzugeben.

Da ich in der Kirche stand, fühlte ich flammenden Eifer in mir erwachen, mit möglichstem Fleiß das unablässige innere Gebet zu erlernen, und ich flehte zu Gott, er möge mir darin beistehn. Alsdann dachte ich, wie ich es anstellen sollte, den Starez aufzusuchen, um mir Rats zu erholen oder ihm zu beichten; denn länger als drei Tage würde man mich im Gasthof nicht wohnen lassen, und in der Nähe der Einsiedelei gab es keine Wohnungen.

Endlich hörte ich, daß vier Werst weiter ein Dorf war. Ich ging hin, um mir dort eine Arbeit zu schaffen; und zu meinem Glück wies mir Gott eine bequeme Anstellung: ich verdingte mich dort für den ganzen Sommer einem Bauern; ich sollte seinen Gemüseacker bewachen und in einer Schutzhütte auf diesem Gemüseacker wohnen. Gott sei Dank! So hatte ich denn einen ruhigen Fleck gefunden. Und so lebte ich denn hin und lernte das innere Gebet nach der mir angezeigten Weise und suchte auch den Starez auf.

Etwa eine Woche beschäftigte ich mich voll Eifer in meiner Einsamkeit auf dem Acker mit dem Erlernen des unablässigen Gebetes, genau in der Weise, wie es mir der Starez erklärt hatte. Anfangs schien die Sache auch zu gehen. Alsdann fühlte ich große Schwere, Trägheit, Langeweile. Schläfrigkeit befiel mich, und allerhand Gedanken rückten wie eine Wolke gegen mich an. Betrübt ging ich zum Starez und erzählte ihm von meiner Lage. Er kam mir liebevoll entgegen und sagte: „Dies, geliebter Bruder, ist der Kampf der Welt der Finsternis gegen dich; denn nichts ist ihr in uns so furchtbar als das Gebet des Herzens, und darum ist sie auf jede Weise bemüht, einen zu stören und vom Erlernen des Gebets abzuwenden. Übrigens handelt auch der Feind nicht anders als nach Gottes Ratschluß und Willen, sofern dies für uns erforderlich ist.

Du mußt wohl noch eine Prüfung durchmachen, um zur Demut zu gelangen; darum ist es auch noch zu früh, mit unmäßigem Eifer an den höchsten Zugang zum Herzen zu rühren, um nicht in geistigen Hochmut zu verfallen. Ich will dir für diesen Fall eine Belehrung aus der Tugendliebe' vorlesen." Der Starez schlug die Unterweisung des heiligen Mönches Nikephoros auf und begann zu lesen: 
„Wenn du nach einigem Bemühen nicht in das Herzensland Eingang findest, so wie man es dir erklärt hatte, so tue, was ich dir sagen will, und mit Gottes Hilfe wirst du das Gesuchte finden. Du weißt, daß die Fähigkeit, Worte auszusprechen, bei einem jeden Menschen in der Kehle sitzt. Bediene dich dieser Fähigkeit, vertreibe alle fremden Gedanken (du kannst es, wenn du nur willst) und laß dich selber unaufhörlich dieses sprechen: ,Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner' - und zwinge dich dazu, dieses immer auszusprechen. Wenn du eine Weile hierin beharrtest, so wird sich dir hierdurch ohne jeden Zweifel der Zugang zum Herzen erschließen. So hat es die Erfahrung gelehrt."

„Du hörst, wie uns die heiligen Väter für diesen Fall unterweisen", sagte der Starez, „und darum mußt du nun auch voller Vertrauen das Gebot auf dich nehmen und soviel du nur kannst, mündlich das Jesusgebet verrichten. Da hast du einen Rosenkranz; verrichte danach zunächst dreitausend Gebete an jedem Tage. Ob du stehst oder sitzt, ob du gehst oder liegst, wiederhole unablässig ,Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner', nicht laut, ohne Übereilung; und tue dieses eben dreitausendmal am Tage, füge nichts hinzu, streiche aber auch nichts aus eigenem Ermessen. Gott wird dir hierdurch helfen, das unablässige Wirken des Herzens zu erlangen."

Voller Freude nahm ich sein Gebot auf und ging wieder zurück an meinen Ort. Ich verrichtete das Gebet getreulich und genau, so wie es ich der Starez gelehrt hatte.

(Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers, Herder 1974)





















Samstag, 30. Januar 2016

Helmut Rückriegel + RIP

„Die Bischöfe werden doch nicht auf Dauer jenem Vater im Evangelium gleichen wollen, der seinem Sohn statt des Brotes, um das dieser gebeten hatte, einen Stein, statt des Fisches eine Schlange, und statt des Eies einen Skorpion reicht - vielmehr sagt der Herr, daß kein rechter Vater so handeln würde.

Eins aber ist sicher, die stille Hoffnung, die Sache werde sich von selbst erledigen, auf biologischem Wege sozusagen, wird sich nicht erfüllen, was in sich schon ein kleines Wunder ist. Denn obwohl diejenigen, die noch eine Erinnerung an die alte Messe haben können, inzwischen […] Jahre alt sein müssen, sieht man dort, wo diese Messe noch [und jetzt wieder] gefeiert wird, keineswegs nur ältere Menschen, sondern alle Altersklassen und Typen der Gesellschaft sind vertreten, Familien mit Kindern und mehr und mehr junge Leute.

Lassen Sie sich auf keinen Fall einreden, Sie gehörten mit Ihrer Anhänglichkeit und Ihrer Sehnsucht nach der alten Messe als dem ehrwürdigen Gottesdienst der Kirche zum alten Eisen, zu einer Nostalgiegemeinde.

Was ist denn aus den Blütenträumen der Neuerer geworden, bedeckt sie nicht der Scherbenhaufen, den sie selbst angerichtet haben?

‚Bald wird schweigen, wer das Neue pries‘ (R.M. Rilke).“

(UVK 2/1993)


Freitag, 29. Januar 2016

Den letzten Gruß

Den letzten Gruß der Abendstunde
send' ich zu Dir, o göttlich Herz;
in Deine heil'ge Liebeswunde
senk' ich des Tages Freud und Schmerz.

O Herz der Liebe, Dir vertraute

am Morgen ich des Tages Last,
und nicht umsonst ich auf Dich baute,
voll Huld Du mich gesegnet hast.

O habe Dank für Deine Güte,
die schützend mir zur Seite stand,
auch diese Nacht mich treu behüte,
durch Deines heil'gen Engels Hand.

O göttlich Herz, all meine Sünden
bereue ich aus Lieb' zu Dir;
o lasse mich Verzeihung finden,
schenk Deine Lieb' auf's neue mir.

Herz Jesu, innig ich empfehle
auch alle meine Lieben Dir;
beschütze sie an Leib und Seele,
die Gutes je erwiesen mir.

In Deiner heil'gen Liebeswunde,
schlaf ich nun sanft und ruhig ein;
o laß sie in der letzten Stunde
mir eine Himmelspforte sein!


Donnerstag, 28. Januar 2016

Ökumenismus oder Una-Sancta-Bewegung

„Unter falschem Ökumenismus verstehe ich interkonfessionelle Ereignisse - Diskussionen, Abkommen, Reden in Kirchengebäuden der andern Konfession u. dgl. -, die gegen das Ökumenismusdekret des letzten Konzils verstoßen. In diesem Dekret wird in n.9 gefordert, daß interkonfessionelle Gespräche auch dazu dienen sollen, daß (bei den Getrennten) ‚klarer bekannt werde, was wirklich die Beschaffenheit (condicio) der katholischen Kirche ist.‘

Und indem die Denkweise der Getrennten (den Katholiken) verständlicher wird, geschieht es, so hofft das Konzil, daß den Getrennten ‚unser Glaube angemessener erklärt wird‘ (aptius, d. h. so, daß sie einen besseren verständlichen Zugang zum Inhalt des katholischen Glaubens bekommen). Nachdem dann noch einmal verordnet worden ist, ‚daß die ungeschmälerte Lehre lichtvoll dargelegt werde‘, folgt eine der wenigen Verwerfungen, die in den Konzilsdekreten vorkommen: ‚Nichts ist dem Ökumenismus so fremd‘ (alienum; kann auch übersetzt werden: nichts ist dem Ökumenismus so nachteilig, mit ihm so unvereinbar) ‚wie jener falsche Irenismus, durch den die Reinheit der katholischen Lehre Schaden leidet und ihr echter und unzweifelhafter (certus) Sinn verdunkelt wird‘ (n.11).

Nach diesen klaren Anweisungen, die allen, die jemals vor dem Konzil an interkonfessionellen Gesprächen teilgenommen haben, klar und sinnvoll erscheinen müßten, scheint mir, daß es heute - abgesehen von unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindender Gemeinschaft des Gedankenaustausches und des Gebetes - überhaupt keinen Ökumenismus im Sinne des Konzils, sondern nur ‚falschen Irenismus‘ gibt.

Übrigens ist das Wort ‚Ökumenismus‘ erst während der Konzilsvorbereitungen und auf katholischer Seite entstanden; vorher sprach man katholischerseits von interkonfessionellen Gesprächen und, im Idealfall, von Una-Sancta-Bewegung).“

Zitiert nach:


Rudolf Kaschewsky (Hrsg.)
Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte
Paul Hacker zur Lage der Kirche nach dem Zweiten Vatikanum
Patrimonium-Verlag 2012
ISBN: 3-8641-7005-2
204 Seiten, 24,80 €

Mittwoch, 27. Januar 2016

Protestantisierung und Pseudoökumenismus


So benannte Paul Hacker einen Aufsatz, den er 1979 für „Una Voce-Korrespondenz“ schrieb und in dem er sich mit dem Ökumenismusdekret des 2. Vatikanischen Konzils „Unitatis redintegratio“ vom 21.11.1964 auseinandersetzte. Daraus zwei Sätze:

„Mit diesem Wort ist offensichtlich nicht mehr gemeint als gegenseitiges Kennenlernen, Zusammenarbeit auf weltlichen, aber religiös motivierten Gebieten, ferner gemeinsames Gebet um die Einheit und theologische Gespräche, für welche Aufsicht der Oberen und wirkliches Sachverständnis besonders eingeschärft werden (n.9). Weitergehende Gottesdienstgemeinschaft wird mit großer Zurückhaltung behandelt; meist ist sie zu vermeiden (n.8§3). Alles das soll offenbar eine menschliche Vorbereitung sein für die Wiederherstellung der Einheit, die in jedem Fall Gottes Werk ist, sei nun in der Einzelkonversion oder in einer Vereinigung von Gruppen mit der Kirche (vgl. n.4§3-4).“

„Was ist heute daraus geworden? Genau das, wovor das Dekret ausdrücklich gewarnt hat mit den Worten: ‚Nichts ist vom Ökumenismus so fern wie jener falsche Irenismus, durch den die Reinheit der katholischen Lehre Schaden leidet und ihr echter und sicherer Sinn verdunkelt wird‘ (n.11).“

Zitiert nach:


Rudolf Kaschewsky (Hrsg.)
Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte
Paul Hacker zur Lage der Kirche nach dem Zweiten Vatikanum
Patrimonium-Verlag 2012
ISBN: 3-8641-7005-2
204 Seiten, 24,80 €
http://www.patrimonium-verlag.de