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Dienstag, 31. Dezember 2013

Sonntag in der Weihnachtsoktav (3)

Und „Gott ist die Liebe." Gottes Liebe ist für uns offenbar geworden in der Menschwerdung des göttlichen Wortes. Der Ratschluß der ewigen Liebe, als dessen Bote der Herr im Fleische erschien — das ist die Schönheit Christi. In die Tiefen dieser Schönheit der Liebe versinkt der innere Blck der Kirche am Geburtsfeste des Herrn. „Niemand hat Gott geschaut." 

Der in Ehrfurcht schweigenden und lauschenden Kirche bringt der eingeborene Gott, der im Schöße des Vaters ruht, Kunde von Gott" und vom Ratschluß seiner Liebe. 

Was ihr in der Heiligen Nacht aufgeflammt ist, hellt sich ihr in jeder Liturgiefeier immer tiefer auf. Sooft sie im heiligen Opfer mit dem Tode und der Auferstehung des Herrn auch seine Menschwerdung begeht, erkennt sie mehr und bewundert sie inniger die Schönheit des göttlichen Ratschlusses. Indem sie Gott sichtbar erkennt, wird sie hingerissen zur Liebe des Unsichtbaren.

Vor allem das sozusagen Paradoxe des Ratschlusses hält ihren Geist in Bewunderung gefangen: „Gott sandte seinen Sohn: aus dem Weibe geboren, dem Gesetz unterworfen. Er sollte die loskaufen, die unter dem Gesetze standen." Sklaven waren wir, geknechtet von der Welt und ihren Elementen. 

Die Sünde Adams hatte uns zu Sklaven dessen gemacht, was wir nach Gottes Willen beherrschen sollten. Sache des Herrn ist es, Sklaven freizulassen. Aber die nach dem Leben des Kindes strebten" - unschädlich gemacht sind die Geister des Bösen, die unsere Seele knechten und töten wollten. Damit öffnet auch diese Messe einen weiten Ausblick in die kommenden Mysterien des Heilsjahres, die gerade die Überwindung Satans zum Inhalt haben.

Wiederum erhebt sich hinter dem Bilde des Knaben Jesus der mächtige Umriß des Helden, der in gewaltigem Ringen die versklavte Welt von ihrem Zwingherrn erlösen und dabei selbst zum Zeichen des Widerspruchs und der Scheidung der Geister werden wird.

(Aemiliana Löhr, Das Herrenjahr)


Montag, 30. Dezember 2013

Sonntag in der Weihnachtsoktav (2)

In den Lesungen offenbart sich das ewige Wort, und der Gesang der Kirche ist die Antwort demütigen Staunens und huldigender Anbetung. Die Psalmverse des Introitus und Alleluja, das Offertorium preisen den auf Erden erschienenen Gottkönig:
„Der Herr ist König! Sein Gewand ist Schönheit. Er kleidet sich in Kraft und gürtet sich. . . ." „Gott hat die Erde festgestellt, sie wird nicht wanken. Von jeher steht (sie als) dein Thron, o Gott. Du bist von Ewigkeit."

Das sind Bilder, Worte und Klänge aus der Morgenmesse des Weihnachtsfestes. Herr der Schöpfung ist der Neugeborene und Herr vor allem der Neuschöpfung, seiner Kirche. Ihm huldigt der Introitus beim Einzug zur Liturgiefeier. Ihn anerkennt die Kirche bei der Opferung als ihren Herrn durch die Hingabe ihrer selbst.

Vorbereitung auf dieses Opfer ist das Graduale.
Hier versinkt die Kirche in die Beschauung ihres Herrn, dem sie sich zu eigen geben will. Die Schönheit des im Fleische erschienenen Gottes nimmt sie ganz gefangen: „Du Schönster unter allen Menschenkindern! Anmut ist ausgegossen über deine Lippen!" Nicht an der menschlichen Gestalt Christi hängt der Blick der Kirche. Zweifellos ist auch jene, zumal jetzt in ihrer Verklärung, von erhabener Schönheit. 

Sie ist das wundervolle und größte Symbol der ewigen Schönheit Gottes, die das irdische Auge nur im Bilde schauen kann. 

Der Kirche aber und ihren Kindern ist in der Taufe das innere Auge geöffnet worden, und das geheimnisvolle Wirken Gottes in der Feier der heiligen Nacht hat den Blick des Geistes noch mehr geweitet. Es ist, als sei ein großes Licht in uns wie der Glanz eines ganzen Erdensommers und durchleuchte alles. In diesem Lichte schaut die Kirche die Schönheit Christi. Es ist eine geistige Schönheit: die wesenhafte Schönheit Gottes. In Gott gibt es keine zufällige Schönheit. Er ist die Schönheit, weil er Gott ist.

(Aemiliana Löhr, Das Herrenjahr)


Sonntag, 29. Dezember 2013

Sonntag in der Weihnachtsoktav (1)

Der heutige Sonntag gehört noch ganz in das Weihnachtsmysterium hinein. Zu groß, um in der Feier einer Nacht erschöpft zu sein, dauert das Fest der „neuen Geburt" durch die acht Tage seiner Oktav fort und entfaltet immer beglückender seinen Reichtum.

Der Introitus atmet noch die Schauer der heiligen Nacht. Es ist, als hätten wir den geheiligten Raum der liturgischen Feier seit der weihnachtlichen Mitternachtsstunde noch nicht verlassen. Wie aus tiefer mystischer Versunkenheit erhebt die Kirche ihre Stimme, um abermals das große Geschehen zu verkünden:
„Während tiefes Schweigen alles ringsumher umfing und die Nacht inmitten ihres schnellen Laufes war, kam dein allmächtiges Wort vom Himmel her, vom Königsthrone."
Worte, mit denen das Buch der Weisheit Gottes Advent, sein Erscheinen und Eingreifen in der Paschanacht des israelitischen Volkes schildert, nimmt sie auf ihre Lippen, um die Fleischwerdung des Logos, der zu unserer Erlösung aus dem Ägypten der Sünde erscheint, ehrfürchtig und staunend auszusprechen. Wort und Melodie sind von erhabener Feierlichkeit. Sie gebieten die lautlose Stille, die dem Mysterium geziemt. Gott wird gegenwärtig. Darum schweige der Mensch. Es schweige nicht nur jeder ungeziemende Laut.

Es schweige auch jede persönlich-subjektive Bitte, die menschliche Sorge, das irdische Denken. Der Logos Gottes ist zugegen, das Wort des Vaters erfüllt den Raum. Seine unendliche Botschaft wird in Jahrhunderten und Jahrtausenden nicht zu Ende vernommen — wir schweigen und lauschen.

(Aemiliana Löhr, Das Herrenjahr)


Freitag, 27. Dezember 2013

Dritte Weihnachtsmesse

Und nun sind wir hinübergegangen. 
Wir stehen im vollen Tage des Festes, „ganz überschüttet vom Neulicht des fleischgewordenen Wortes". Das Licht, das in der Morgenfrühe über uns aufflammte, ist auf die Erde herabgestiegen und hat sich ausgebreitet: „Der heilige Tag umleuchtet uns". Und es ist, wenn wir an das Schöpfungs- und Paradiesesbild der Morgenmesse zurückdenken, der erste Tag der neuen Welt:

Die Finsternis flieht, das Licht leuchtet auf, Tag und Nacht scheiden sich, und die Sonne erleuchtet den Tag. Alles aber in einer übernatürlichen, göttlichen Weise; denn der Logos selbst ist das Licht, und „das Licht leuchtet in der Finsternis". Und Gott nennt die Finsternis Nacht — das ist diese Welt — und das Licht Tag - das ist Christus, die „wahre Sonne" und der „wahre Tag". „Und es wird Abend und Morgen: der erste Tag'". Zuerst Abend; denn „am sinkenden Abend der Welt" kommt der menschgewordene Logos, das Licht vom Himmel, in die Finsternis der Sünde und des Todes, und durch ihn wird es Morgen. Abend und Morgen: der erste Tag. „Der heilige Tag leuchtet uns auf. Kommt, ihr Völker, betet Gott an; denn heute ist das große Licht auf die Erde herabgekommen'."

In diesen Tag und dieses Licht stellt uns die dritte Weihnachtsmesse, die Tagesmesse, hinein. Sie ist die älteste der drei Messen; darum mag sich in ihr das in allen gleichmäßig Gegenwärtige bedeutender und eindringlicher ausgesprochen haben. Es ist wirklicher Tagesglanz über dieser Messe. Alles ist groß in ihr. Das bürgerliche Weihnachtsidyll, das den Blick auf die Größe des eigentlichen Festmysteriums mit der Zeit fast ganz verdeckt hat, zerweht vor der Macht dieser Texte. Wohl weckt gleich das erste Wort unserer Messe die Vorstellung des „Kindes". Aber beachten wir, wie sie sofort ins Große und Göttliche gewandt wird!

„Das Kind ist uns geboren, der Sohn uns geschenkt!" Schon dieses „uns" ist von Bedeutung. Uns, dieser hier versammelten Ekklesia, ist das Kind geboren und der Sohn geschenkt. Uns macht dieser Tag zur Mutter Christi. Und nicht nur uns. Allen Christusgläubigen, an so vielen Orten der Erde sie in dieser Stunde sich um den Opferaltar scharen, der ganzen Ekklesia, wird das Kind geboren. 
Und wiederum nicht nur ihr. 
Dieses Kind kommt als „Heiland der Welt", das sagte uns schon die Messe in der Morgenfrühe. „Vor den Augen aller Völker macht Gott seinen Heiland offenbar und entschleiert seine Gerechtigkeit." „Alle Enden der Erde schauen unsern Heilandgott."

(Aemiliana Löhr, Das Herrenjahr)


Donnerstag, 26. Dezember 2013

Zweite Weihnachtsmesse

Zum zweitenmal im Laufe des Festes,
zum drittenmal, wenn wir den festlichen Vortag hinzunehmen,
tritt der Priester an den Altar, um Gott durch das heilige Opfer zu loben. Die Stunden des Tages und der Nacht, die heiligen Zweimal-Zwölf, schließen im Frührot des Festes den Reigen, und die Blüte, die sie einander reichen, ist das schimmernde Heute. Die Kirche sieht es und freut sich. Sie weiß, wem die Stunden den Feierreigen tanzen und wem die Blume bestimmt ist, die in ihren Händen wandert.

„Licht flammt heute über uns auf",
singt sie mit heller Freudenstimme in der Stunde des Frührots. Sie selbst, die Ekklesia, steht als Königin im Kranze der Stunden, und das leuchtende Heute krönt ihre Stirn. „Denn geboren ist uns der Herr", geboren aber, heute wie vor zweitausend Jahren, aus der Jungfrau. Gekommen ist der Kommende, und gekommen zur Jungfrau: „Tanze, du Tochter Sion! Lobsinge, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt, der Heilige, der Heiland (der Welt)!"

Die Verheißung des Quatemberfreitags ist erfüllt:
Die Jungfrau ist die Heimgesuchte, und als Heimsucherin wird sie ausgesandt. Der Kommende kommt zu ihr, und sie bringt ihn den Menschen als den „Heiland der Welt". „Das tat der Herr, und unsere Augen staunen ob des Wunders*." Ob des Wunders, daß Gott zur Jungfrau kommt und die Jungfrau Gott gebiert.

Er kommt aber als Bräutigam. Denn vor aller Geburt liegt Hochzeit. Gottes Kommen ist Hochzeit für die Schöpfung.

(Aemiliana Löhr, Das Herrenjahr)