Die Feier der Menschwerdung ist auch mit ihrem Oktavtag, dem Fest der Beschneidung, noch nicht vollkommen geworden.
Von Tag zu Tag fühlen wir
stärker, daß Weihnachten nur ein Anfang ist. Die Menschwerdung allein konnte
uns nicht erlösen. Darum finden wir in den liturgischen Texten immer wieder ein
Ausschauen nach Kommendem, ein Hindeuten auf Leiden und Auferstehung des Herrn.
Ganz erfüllt wird diese Erwartung erst im Osterfest. Aber die Feier des 6.
Januar, das Fest der Erscheinung, nimmt in gewisser Weise Passion und Verherrlichung
des Herrn schon voraus. Darum ist Epiphanie ehe eigentliche Fülle des
Weihnachtsfestes. Schon der griechische Name des Festes sagt uns, daß es
ursprünglich ein Fest der Ostchristen war, das der Westen erst später
übernommen hat. Die Ostkirche feierte in dem Geburtsfest des Herrn nicht so
sehr das bloße historische Faktum der Geburt in Bethlehem als vielmehr die
Menschwerdung als göttliches Mysterium, als Epiphanie, das heißt: als
Erscheinung des Logos Gottes auf Erden.
So umfaßt das Fest der
Epiphanie drei Ereignisse aus dem Leben Jesu, die ihn der Welt als Gott und
König offenbaren, drei Theophanien des menschgewordenen Herrn. In den Hymnen
und Antiphonen des Breviers werden sie uns genannt:
die Anbetung des
neugeborenen Kindes durch die Magier,
die Taufe Jesu im Jordan
und
die Hochzeit zu Kana.
Der Stern, das alte
Zeichen des Königs (und zugleich des Gottes, denn der König war den Alten ein
Sproß der Götter, offenbart den weisen Männern des Orients das arme Kind zu
Bethlehem als König und Gott. Der himmlische Vater bezeugt bei der Taufe im
Jordan den Menschen Jesus als seinen göttlichen Sohn, und die Gotteskraft
steigt sichtbar in Gestalt der Taube auf ihn nieder. Das Weinwunder zu Kana
offenbart die göttliche Macht Jesu in der unbeschränkten Herrschaft über die
geschaffene Welt.
Zwar tritt in unserer
heutigen römischen Meßliturgie die Anbetung der Magier am meisten in den
Vordergrund. Aber ein Blick in das Offizium des Tages und in die Liturgie der
nachfolgenden Sonntage zeigt uns, daß auch die römische Kirche die beiden anderen
Theophanien nicht aus dem Auge verliert, sie ebensosehr als volle Wirklichkeit
erlebt und als Wesensbestandteil des Epiphaniefestes betrachtet.
„Siehe, gekommen ist der
Herrscher, der Herr! Und das Reich ist in seiner Hand und Macht und Herrschaft!",
verkündet sie feierlich im Eingangslied der Messe. Die erhabene Majestät der
Melodie verbindet sich mit den Worten zu unbeschreiblicher Wucht.
Der Herrscher ist da, die
Welt strömt ihm zu. Die Lesung aus Isaias malt das Bild. Kein Bild der
Geschichte, kein historisches Faktum. Die Verborgenheit der ersten Ankunft Jesu
kennt keine Huldigung der Völker vor dem Herrn. Was die Schau des Propheten vor
uns aufrollt, ist das Bild der geheimnisvollen Herrschaft über die Geister und
Herzen der Menschen, die der verklärte Christus seit seiner Auferstehung
ausübt, er, der „Einzige, an dem die Liebe hängt"; ist doch selbst der Haß
seiner Hasser jetzt Huldigung.
Aber auch das Bild der
Parusie Christi am Weltende leuchtet hier auf. Dann wird die Herrschaft des
Herrn ganz offenbar werden. Er wird sich enthüllen als die geheime Macht, die
in allem wirkt, als der Einzige, in dessen Hand die Fäden aller
Menschengeschicke und Zeiten ruhen.
„Dominator Dominus – der
Herrscher, der Herr!“
(Aemiliana Löhr, Das
Herrenjahr)
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