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Dienstag, 7. Juni 2016

„Freunde fürs Leben“ - Ein Buch zum lesen und schauen.

Eine Buchbesprechung

„Die Anfänger, die Klosternovizen wurden in der Ausbildungsphase einer Leseschule unterzogen: in einem eigenen Raum, abgetrennt von der Gemeinschaft. Lesen bedeutete zunächst Vorlesen: Man hörte zu und lernte Textabschnitte auswendig. Aber auch beim Lesen, das gegebenenfalls gelernt werden musste, las jeder, auch wenn er allein war, hörbar den Text.“

Dieser Textabschnitt des schönen EOS-Buches „Freunde fürs Leben. Mönche und Bücher“ lässt uns sicher staunend aufhorchen. Gelesen würde hörbar. Heute ist das ganz anders, oder, liebe Leser, lesen sie diese Zeilen etwa für Jedermann hörbar? Ach, wie würden wir uns doch gestört, ja belästigt fühlen, nicht wahr? Denken sie doch an eine öffentliche Bibliothek oder einen Lesesaal; wenn alle laut oder halblaut vor sich hin-lesen würden, lesen es wäre unerträglich. Wir könnten uns nicht konzentrieren.

„Freunde fürs Leben“ ist der Buchtitel. Damit sind ein gutes Buch oder viele gute Bücher gemeint. Ihnen schenken wir Zeit, ihnen hören wir zu, indem wir sie hörbar lesen könnten. Nein, wir hören die Bücher nicht, die wir lesen. Zwar gibt es heute auch Hörbücher, denen man zu-hören kann. Doch was wir meist hören ist etwas anderes, ist Alltag, ist dasjenige, was wir nicht zu hören bräuchten, was wir auch garnicht hören wollen. Wir hören die Gespräche der Menschen, die sie – nein, nicht miteinander, sondern meist übereinander führen, indem sie sich nicht sehen, nicht zu-ein-ander sprechen und nicht mit-ein-ander. Somit ist der Sinn dieser Gespräche wiederum ein anderer als jener mit einem Buch, wobei es um das Verstehen, das Wissen-warum geht. Allerorten bestimmen die Anrufe mit einem Mobiltelefon den Alltag und das Privatleben. Erreichbar sein, alles mitkriegen und nur nichts verpassen. Von hören keine Spur. Hören hat mit wahr-nehmen und mit an-sprechen zu tun. Finden wir dies in unserer heutigen Kultur?

In unserem Buch finden wir nicht nur schöne Bilder, die wir an - schauen können, betrachten; worüber wir nichts sagen müssen. Wir können schweigen, auch genießen, sogar dabei etwas finden und lernen. Begleitende Texte führen hin zum Buch, zu den Büchern, die sogar sichtbar, spürbar, riechbar sind. Ein Geschenkbuch für jeden Bücherfreund, das es lohnt, auch sich selbst zu schenken.


Marcel Albert & Jörg Schellschmidt
Freunde fürs Leben. Mönche und Bücher
EOS-Verlag 2016
72 Seiten, 9,95 EUR
ISBN 978-3-8306-7763-5







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