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Samstag, 18. Juni 2016

Kremiert und in der Kirche ausgestellt

Man macht sich seine Gedanken, wenn demnächst, in einem Radius von nur 15 KM, die vierte katholische Kirche umgewandelt wird.
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Die katholische Kirche in Deutschland schließt immer mehr Kirchen. Die Gotteshäuser werden zu Grabeskirchen, Bestattungskirchen, Beerdigungskirchen, Kolumbarien „umgewidmet“. Dabei wird nicht nur ein neuer Verwendungszweck für Gebäude hergenommen, für den sie niemals errichtet worden sind. Die Baumeister und Geldgeber hatten anderes im Sinn. Unsere Vorfahren haben nämlich von ihrem kaum vorhandenen Einkommen diese Gotteshäuser für den katholischen Kult gebaut und finanziert. Nun wird mit der neuen Weise, Kirchengebäude zu missbrauchen, auch der uralte Brauch aufgegeben, dass verstorbene Menschen in ein Erdgrab gelegt werden, wo sie der Auferstehung harren. Niemals war es katholische Sitte, Menschen zu verbrennen und seien diese auch Leichen. 

Wer also das „Privileg“ haben möchte, in einer Kirche „beigesetzt“ zu werden, der muss sich zuerst kremieren, verbrennen lassen. - Arme Kirche! 

Der Philosoph Robert Spaemann hat in einem am 16. April 2003 veröffentlichten Aufsatz bereits auf diese Unsitte aufmerksam gemacht.

In „Sterben – heutzutage“ schreibt Spaemann u. a.:

Wie geht die Gesellschaft um mit Sterben und Tod, also mit dem, was jeden Totalitarismus der Gesellschaft scheitern läßt? Sterbend spätestens hört der Mensch auf, Glied eines sozialen Ganzen zu sein. Der Staat kann mit dem Tod drohen, aber niemand ist stärker - und unter Umständen gefährlicher - als der, der die Todesfurcht überwunden hat. Die Drohung mit dem Tod ist eine mächtige Waffe. Die Drohung wahrmachen zu müssen, ist jedesmal eine Niederlage.

Die ritualisierte Sterbe- und Begräbniskultur der europäischen Tradition war ein dialektisches Phänomen, ein Phänomen der Selbstrelativierung der Gesellschaft. Indem sie den Tod in kultische Formen einbettete, machte sie ihre eigene Infragestellung zu einem Teil ihrer selbst. Das setzte ein religiöses Bewußtsein voraus. Wodurch die Gesellschaft relativiert wurde, dadurch wurde sie zugleich legitimiert. Indem sie sich als Nicht-Gott bekannte, konnte sie ihre Autorität als göttlich sanktioniert verstehen. Der Glaube an das ewige Leben relativierte auch den Gegensatz von Leben und Tod. Der Tod ist Durchgang zum eigentlichen Leben, zu dem sich das irdische verhält wie die Raupe zum Schmetterling. 

Auf einem alten Richtschwert in Münster stehen die Worte: "Wenn ich tu das Schwert aufheben, wünsch ich dem armen Sünder das ewige Leben". Die strukturell atheistische Moderne muß den Gegensatz von Leben und Tod als absoluten begreifen. "Ich lebe in meinen Kindern weiter"- das ist für den sich als individuelle Person erlebenden Menschen eine leere Phrase. So kämpft die Gesellschaft verbissen um die Verlängerung des Lebens, um doch am Ende jedesmal kapitulieren zu müssen. Sie kann keine authentischen Rituale zur Begleitung dieses Endes entwickeln. Da sie über keinen Horizont der Selbstrelatvierung verfügt, entwickelt sie zunächst die Tendenz, den Tod aus dem Bewußtsein zu eliminieren. Er findet immer häufiger in irgendeinem Abstellraum einer Klinik statt.

Die Folge: verdrängte, aber gesteigerte Todesangst.

Die meisten Menschen haben es heute vor sich, sterben zu müssen, ohne jemals beim Tod eines anderen Menschen dabei gewesen zu sein! Die weitere Tendenz aber geht dahin, diejenigen einfach still zu eliminieren, die nicht mehr als Mitglieder der sozialen Welt wahrgenommen werden können. Holland mit seinem Euthanasiegesetz ist keineswegs international geächtet, sondern seine tötenden Ärzte fühlen sich als Avantgarde. Und nun kann es auf einmal gar nicht mehr schnell genug gehen. 

Die neue Definition des Todes als "Hirntod" ermöglicht es, atmende Wesen für tot zu erklären und den Prozess des Sterbens zu beseitigen, um den Sterbenden als Ersatzteillager für Lebende auszuschlachten. 

Der Tod steht nicht mehr am Ende des Sterbens, sondern - durch Dekret einer Harvardkommission - an dessen Anfang. 

Die jüdisch-christliche Sitte der Erdbestattung wird in wachsendem Maße ersetzt - nicht etwa durch das Ritual eines indischen Scheiterhaufens, sondern durch die maschinelle Leichenvernichtung durch Hochtemperaturen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, d.h. im Krematorium. 

Und immer mehr Menschen glauben, ihren Kindern etwas Gutes zu tun, wenn sie, um ihnen Begräbnis- und Grabpflegekosten zu ersparen, sich "unter dem grünen Rasen" anonym verscharren lassen. Das älteste Unterscheidungsmerkmal des homo sapiens, die rituelle Totenbestattung, verschwindet.

Das ist eine parteiliche Schilderung der Dinge. Aber die offizielle Normalbeschreibung ist es nicht weniger. Sie besteht aus lauter Schönrednerei. Ich schlage nichts vor. Jede Besinnung auf die Grundlagen der Humanität setzt voraus, daß wir uns zunächst einmal Rechenschaft geben über das, was ist.





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