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Montag, 26. Oktober 2015

Buchbesprechung: Pater Anton Jans – Kartäuser und Mystiker

Als im Jahre 1934 erstmals das Buch „Anton Jans. Ein Mystikerleben der Gegenwart“ veröffentlicht wurde, kündigte der herausgebende Verlag an, es sei von einem „weißen Mönch, der nicht genannt sein“ wollte. Dieser ungenannte Kartäuser war Pater Gerhard Ramakers, der, auf Tagebuchaufzeichnungen und Briefe seines Mitbruders Pater Anton Jans zurückgreifend, ein beeindruckendes geistliches, ja mystisches Testament verfassen konnte.

Pater Anton Jans wurde am 22. August 1903 als Hans Jans in Nottwil in der Schweiz geboren. Als Kind wuchs er im Kreise seiner treu katholischen Familie auf. Die Schulbildung erhielt er in der Volksschule in Ballwil, der Mittelschule in Beromünster (1917-21) und dem Gymnasium des Benediktinerklosters Engelberg (1921-25). Im Jahre 1926 trat er in die Schweizer Kartause La Valsainte ein. Dort bekam er den Ordensnamen Anton. Schon früh hatte er gesundheitliche Probleme, doch der Orden schickte den jungen Mönch nicht einfach weg. Er durfte bleiben, die feierliche Profess ablegen und am 4. Oktober1931 die Priesterweihe empfangen. Unmittelbar nach der Priesterweihe schickten ihn seine Oberen wegen seiner lebensbedrohlich gewordenen Herzkrankheit in die südfranzösische Kartause Montrieux (Provence). Man hoffte, ihm durch einen Ortswechsel Erleichterung verschaffen zu können. Aber nur wenige Monate später, am 28. Februar 1932, ist Pater Anton Jans gestorben.

Bei keinem Mystiker tritt so klar hervor wie bei Johannes vom Kreuz, dem großen Kirchenlehrer der Mystik, dass es sich bei der Mystik im Wesentlichen um die Entfaltung der übernatürlichen Gnadenveranlagung eines Christen handelt. Auch die Beschauung, die Kontemplation, die als zentraler Akt dieser Mystik gilt, ist nichts anderes als ein modifizierter Glaube, der aus der Gottesliebe gleichsam zusammengewachsen ist, in einem neuen, übernatürlichen Licht. Selten finden wir eine schlichtere Entfaltung eines Mystikerlebens, das zugleich klar und wesenhaft aus den gnadenhaften Wirklichkeiten in die Seele einfließt, als bei Pater Anton Jans. Und dennoch finden wir bei ihm oft eine geradezu frappierende Ähnlichkeit der Gedanken und Formulierungen zu Johannes vom Kreuz.

Aus den Aufzeichnungen des jungen Mönches erscheint der christozentrische Charakter seines Innenlebens deutlich hervor. Christus steht im Mittelpunkt seines ganzen Ringens und Erlebens. Von Christus aus dringt er vor in das Innenleben der Heiligsten Dreifaltigkeit. In Christus erlangt er das Bewusstsein der Lebenseinheit mit dem mystischen Leib des Herrn. Selbst seine Marienverehrung hat als inneren Zielpunkt die Vereinigung mit Christus. Denn durch Christus erkennt er sich als Kind Gottes, und indem er Christus in sich Gestalt gewinnen lässt, vollendet er die Gottesgeburt in seiner Seele.

Die Entfaltung seines inneren Lebens zu Christus zeiget uns auch sein recht schlichter Charakter. In dem Neunzehnjährigen beginnt bereits 1922 im Gymnasium bei den Benediktinern ein Zielgerichtetes geistliches Streben. Es zeichnet sich aus durch ein unbedingtes Vertrauen auf die Gnade, nämlich eine unbedingte Hingabe an die Gnade Gottes. Sein Leitmotiv war: „Sei treu der Pflicht und treu der Gnade!“ In seinem äußeren Gehabe bleibt er frisch und lebendig wie immer; aber er wird zurückgezogener und er wird reifer. Seine übernatürliche Gesinnung tritt immer deutlicher hervor und wird von nun an sein ganzes Leben beherrschen.

Nur was im Licht des Glaubens seinen Glanz nicht verliert, hat Wert für die Ewigkeit. Nur das
vermag seine empfängliche Seele zu bestimmen. Er beginnt mehr und mehr von sich selbst abzusehen und lässt den Willen Gottes die übernatürliche Form seines Seins und Strebens werden.
Die Tugend der Großmut wächst in ihm. Er steht auf dem Standpunkt, dass kein Augenblick verloren
gehen darf; denn das wäre einem Diebstahl gleichzusetzen.

Was er sich zum Ziel setzt, ist: dass selbst die kleinsten Unvollkommenheiten nicht mehr vorkommen dürfen. Wie unterscheidet sich doch dieser Satz vom „Lebensgefühl“ der heutigen Zeit, in der man alles haben, mitnehmen und genießen muss. Die Gesinnung des inzwischen Kartäusernovize gewordenen Anton Jans ist eine andere. Hier begegnet er uns wieder in dem heiligen Johannes vom Kreuz: „Je mehr die Seele sich frei und leer von allem Geschaffenen macht, desto mehr kann Gott von ihr Besitz ergreifen.“ Dies ist ein aszetisches Ziel, das wir mit Demut bezeichnen; doch der Weg dorthin ist jener der inneren Reinigung.

Mit der zeitlichen Profess im Jahre 1927 tritt ein gewisser Wandel in seinem geistlichen Leben ein.
Es beginnt der Erleuchtungsweg. Sein Gebet vereinfacht sich nun sehr stark. Er schreibt es ja selbst, dass er anfängt, in der vollen Wahrheit zu leben. Es ist allein der Glaube, auf den er sich stützt. Auch wenn die dunkle Nacht über ihn kommt, duldet er mit der menschlichen Natur keine Kompromisse. Die Tiefe seiner Seele ließ sich nun nicht mehr in Formeln ausdrücken. Das eigentliche Element, in dem er lebte, war dem Bereich der Sinne entrückt.

Doch Anton Jans erhob auf Licht und Erleuchtung keinen Anspruch. Die Worte der Heiligen Schrift waren für ihn Wegweiser, besonders auch dann, wenn es ihm in der Nacht des Glaubens dunkel wurde. Wie bei Johannes vom Kreuz verändert sich nun das Ziel. Es ist nicht mehr die Demut, jetzt heißt es: „Ich muss immer auf Ihn, Christus, schauen.“ Die Frömmigkeit des Kartäusers wird tiefer und konkreter, ja persönlichkeitsgebunden, nämlich gebunden an Christus. Er ist sein Ziel. Das erkennt er ganz klar. Er soll ganz in Jesus aufgehen und ein zweiter Christus werden!

Doch dieses Ziel, in Christus aufzugehen, nennt er nicht nur sein eigenes, sondern als das Ziel aller Christen, die bereit sind, sich berufen zu lassen, sogar derjenigen, die in der Welt leben. Der Gedanke der Gottesgeburt in der Seele klingt an: „Wir wollen dieses Weihnachten feiern durch Maria und mit Maria, öffnen wir daher unsere Herzen, wenn Maria anklopft, um in uns Jesus zu gebären.“ „Das sei unser Programm: Das Leben Jesu in uns leben.“ Wunderbar weiß Anton Jans dieses Jesus-leben-in-sich zu verbinden mit Maria. Sie ist für ihn die Mittlerin aller Gnaden und darum ist es auch ihr Werk, wenn Jesus in seiner Seele gestaltet wird.

Pater Anton Jans  unterscheidet sorgsam zwischen der Vereinigung mit Jesus Christus durch die hl. Kommunion und der Vereinigung mit Jesus durch die Gnade. Diese Unterscheidung ist nicht ohne Bedeutung für das Verständnis seines mystischen Denkens. Gleichzeitig beginnt das Hineinwachsen in die Weite des mystischen Christus.

Der trinitarische Gesichtspunkt tritt in seinem Innenleben besonders in den Tagen der Erleuchtung hervor, in den Einzelexerzitien vor den ersten Gelübden etwa. Zunächst ist es noch der einfache Gedanke der Hl. Schrift, der ihn beseelt: „Wer mich liebt, wird mein Wort halten; mein Vater wird
ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ Doch allmählich, nämlich ab Juli 1929, offenbart sich in seinen Aufzeichnungen ein tieferes Eingehen in das Innenleben der heiligsten Dreifaltigkeit. Es zeigt sich eine spezifische Differenzierung seines Innenlebens gegenüber den drei göttlichen Personen. Der Übergang zur Stufe der Einigung tritt nicht mehr merklich hervor. Damit wird zugleich ein gewisser Höhepunkt dieser seelischen Entwicklung erreicht (Anfang 1930). Im August dieses Jahres kann er sagen: „In meiner Seele zeugt der Vater seinen Sohn.“

Aber auch auf der Stufe der Umgestaltung bleibt Christus der Zielpunkt seines ganzen Seins. Er lebt auch noch jetzt und bis ans Ende aus Christus und in Christus. „Jesus, ich will Dich überall leben lassen, eine zweite Menschheit für Dich sein, um die Wunden Deines Herzens zu ehren“, schreibt er im Juli 1929. Das ist vielleicht das Schönste, was er über sein Verhältnis zu Christus gesagt hat. „Ganz Jesus, ganz Priester!“ – das ist seine Sehnsucht auch kurz vor seinem Heimgang am 28. Februar 1932.

Soweit der Abriss der geistlichen Entwicklung dieses so reichen wie armen, doch früh vollendeten Lebens. Zu einem einzigen Widerklang Christi ist es geworden. In einer seiner letzten Aufzeichnungen schrieb er an seine Familie:

„Der liebe Gott ist überall; leider sind wir nicht bei Ihm, was das einzige wirkliche Übel ist, worüber wir uns betrüben sollten. Den ganzen Tag könnt Ihr mit dem Heiland in Verbindung sein, ohne dabei von der Pflichtarbeit abzustehen, weil Er bloß will, daß Ihr dies und jenes tut. Tun wir es also, weil Er es so will, so tun wir es aus Liebe zu Ihm, das heißt, wir sind in wahrer Vereinigung mit dem Heiland in der Liebe, die man nicht nötig hat zu fühlen, wohl aber zu leben.“

Der Mönch, der als Autor nicht genannt sein wollte und gemäß dem Brauch der des Kartäuserordens auch nicht zu seinen Lebzeiten genannt wurde, war, wie bereits erwähnt, Pater Gerard Ramakers. Er wurde 1896 in Echt, unweit der deutschen Grenze, im niederländischen Limburg geboren. Im Jahr 1917 trat er, wie einige Jahre später der junge Hans Jans,  in die Kartause La Valsainte ein, wo er im Jahre 1918 Profess ablegte. Von seinen Oberen wurde er 1923 zum Novizenmeister ernannt. Als Novizenmeister von La Valsainte hatte Pater Gerhard Ramakers einen großen Einfluss auf eine begeisterte junge Generation von Kartäusern, unter denen sich auch Pater Anton Jans befand. Neben mancherlei Stationen in verschiedenen Häusern des Ordens, verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens in der deutschen Kartause Marienau, wo er am 3. April 1984 gestorben ist.

Der in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts bekannte Münchner Theologieprofessor Prälat Dr. Martin Grabmann schrieb als Herausgeber des im „Verlag Ars Sacra“ erschienenen Buches „Anton Jans. Ein Mystikerleben der Gegenwart“ ein Geleitwort, worin es heißt: „So möge dieses Büchlein, das für den Theologen, für den gebildeten Laien und auch für den einfachen Gläubigen gleich verständlich geschrieben ist, hinausgehen als Künder der Wirklichkeit einer Welt des Übernatürlichen, als Mahner zur Besinnung auf die Übernatürlichen Lebenskräfte, die in der Kirche geborgen sind, als Tröster und Wegweiser im Ringen und Kämpfen hochgemuter gottsuchender und liebender Seelen, als Zeuge für die unvergängliche Wahrheit, für den tiefen Erkenntnis- und Lebenswert der in dieser Schrift so oft angeführten Worte Christi: ‚Wenn Mich jemand liebt, und Mein Vater wird ihn lieben und Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen (Joh 14,23).‘“

Das alte Buch „Anton Jans. Ein Mystikerleben der Gegenwart“ kann noch antiquarisch erworben werden. Es ist jedoch recht teuer, und dazu ist nicht jeder Interessierte heute noch in der Lage, ein Buch zu lesen, das in Fraktur gedruckt wurde. So ist es als Glücksfall anzusehen, dass ein Liebhaber des alten Buches und von Pater Anton Jans sich der Mühe unterzogen hat, alles abzuschreiben, neu zu setzen und als Buch und als E-Book neu herauszugeben. Der neue Titel lautet „Pater Anton Jans. Kartäuser und Mystiker“.

Pater Anton Jans: Kartäuser und Mystiker
(Hrsg. Martin Grabmann), Neuauflage August 2015
Taschenbuch: 190 Seiten, Größe 12,7 x 1,2 x 20,3 cm
Verlag: CreateSpace Independent Publishing Platform;
Auflage: 1 (11. August 2015)
ISBN-13: 978-1516835973
Euro: 15,95

[Kindle Edition]
Euro: 6,90
Buchbestellung: http://bit.do/antonjans
E-Book: http://bit.do/antonjansebook

Buchbestellung auch beim SARTO-Verlag 




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