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Donnerstag, 10. September 2015

Folge kurzschlüssiger Gedanken (6)

Als Meilenstein auf dem Weg der allmählichen Ausgrenzung des christlichen Glaubens aus der politischen Diskussion kann die Rede des demokratischen Präsidentschaftskandidaten John F. Kennedys 1960 in Houston gesehen werden. Keiner der 34 Präsidenten vor ihm war Katholik. Die Vereinigten Staaten von Amerika standen in der Tradition des Protestantismus. Die besorgte Frage der Amerikaner war nun, ob der zukünftige Präsident sich auch in seiner Politik nach den Vorgaben der katholischen Lehre richten würde? Um die Nichtkatholiken unter den Wählern zu beruhigen, wählte Kennedy eine Formulierung, die Jahrzehnte später noch spürbare Auswirkungen hatte. Er sagte: ‚Ich glaube an ein Amerika, in dem die Trennung von Kirche und Staat absolut ist... Ich glaube an einen Präsidenten, dessen religiöse Ansichten seine private Angelegenheit sind. Diese Ansichten zwingt er dem Volk nicht auf, und das Volk zwingt sie ihm nicht als Vorbedingung für das hohe Amt auf‘.

Um seinem Wunsch zu genügen, das hohe Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu erhalten, vertrat er den kurzschlüssigen Gedanken, dass die Politik ihre Ansichten dem Volk grundsätzlich nicht aufzwingen würde. Wie die Geschichte jedoch zeigt, beeinflusst jede Gesetzesänderung einen Teil der Bevölkerung, da nie alle Bürger die Entschlüsse der Politiker voll akzeptieren.

Um diesen Sachverhalt besser zu verstehen, soll der katholische Politiker und Historiker Hilaire Belloc genannt werden, der für das britische Parlament im anglikanischen England kandidierte. Er trat mit einem Rosenkranz vor die Wähler mit den Worten: Ich bin ein Katholik. Wenn es möglich ist, gehe ich jeden Tag zur Messe. Wenn es möglich ist, falle ich auf die Knie und bete. Wenn Sie mich wegen meiner Religion ablehnen, danke ich Gott, dass er mich vor der Schande verschont hat, ihr Vertreter zu sein. Der Mann wurde gewählt.

Das Beispiel Kennedys, seine religiösen Ansichten lediglich als privat zu betrachten, hatte verhängnisvolle Folgen. 1984 ging es um die Frage der Abtreibung. Der New Yorker Gouverneur Mario Cuomo betonte, dass er als Katholik die Abtreibung zwar nicht billige ... dass er diese Meinung als Gouverneur jedoch nicht vertreten würde, weil in seinem Land auch Nichtkatholiken und Ungläubige lebten, die dies anders sehen könnten. Die Konsequenzen dieser irrigen Haltung traten einige Jahre später zu Tage: Sein Sohn, ebenfalls Katholik und sein Nachfolger, setzte 2011 die Anerkennung der Homo-„Ehe" durch.

Es sind immer viele kleine Schritte nötig, um zu den großen Zielen zu gelangen, sowohl für das Gute wie für das Gegenteil.

(Inge M. Thürkauf. „Lieber Kommunist als katholisch" oder Marxismus light. „Theologisches“ 07/08, 2015)


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