Seiten dieses Blogs

Dienstag, 28. April 2015

So war es. - Ein Sakristan erlebt die Liturgiereform. (6/8)

Nun war ganz deutlich, daß es „zwei Konzilien“ gegeben hatte bezüglich der Liturgie: eines der Neuerer, der ungehorsamen Priester – und dazu zählte ich die Patres im Kloster – und dann das wahre Konzil, das die Ritenkongregation authentisch interpretierte.

Nun ist vom Matrizen-Meßbuch zu berichten.
Der Dienst des Sakristans erstreckte sich nicht nur auf das heuchlerische Abräumen des „Tisches“ bei der Visitation. Es galt nun, die liturgischen Bücher entsprechend zu „bereiten“. Bislang war das Missale Romanum in alleiniger Geltung. Sonst fand sich kein Buch auf dem Altar. Die erste Änderung kam mit der Einfügung des Namens des hl. Joseph in den römischen Kanon. Wir bekamen selbstklebende Zettel, die an den Rand des Texte plaziert wurden: „... et beati Joseph eiusdem Virginus Sponsi...“. Nun war das noch keine Zerstörung eines Buches. Im nächsten Schritt wurde nach dem „ Per ipsum“ und bis zum „Pax vobis“ ein maschinenschriftlicher deutscher Text eingefügt.
Nun war das Meßbuch schon leicht verändert.

1964 war das „Deutsche Lektionar“ erschienen, Lesung und Evangelium wurden nun in der Schott-Übersetzung vorgelesen. Das Jahr 1965 stand im Zeichen des Sacramentarium Mimeographicum.
Am 7. März wurde die lateinische Sprache – und somit das Missale Romanum für überflüssig erklärt.
Außer dem Hochgebet war die hl. Messe in Deutsch. Man benutzte nun ein Ringbuch. In dessen Mitte war der Canon Romanus, ausgeschnitten aus einem wertvollen Missale. Das übrige war die „Missa Matriza“: die deutschen Texte des Ordinariums blieben im Ringbuch, das Proprium wurde jeweils vervielfältigt eingeschoben. Als Sakristan hatte man nun auch noch das „Meßbuch“ zu vervollständigen, war verantwortlich für die richtige Reihenfolge der Vervielfältigungen und das alles war zu leisten, obwohl das Konzil kein Wort über die Zerschlagung des Missale gesagt hatte. Man stand, wissend um das falsche dieses Vorgehens, in einem inneren Zwiespalt.
Ich wußte, daß dies alles gegen „Rom“ vor sich ging, dann aber wiederum „taten es alle“. Immer deutlicher wurde mir, daß ich unter diesen Umständen und in diesem Orden nicht mein Leben fristen wollte.

Übrigens hat die ganze Reform, die eher als Deformation zu bezeichnen ist, nichts an Priesterberufungen gebracht. In all den Jahren im Internat wurde ein Junge Novize – gab aber später wieder auf. In der Gymnasiumszeit, die ich erlebte, war ich der einzige, der später Priester geworden ist.

Ende 1965 erschien dann das Altarmeßbuch in drei Bänden; nun hatte mindestens die Missa Matriza ein Ende. Die Präfationen waren nun nur noch in deutscher Sprache zu hören.
1968 folgte dann die Einlage mit drei neuen Hochgebeten in deutscher Sprache.

Der lateinische Kanon war außer Gebrauch. Die Umschlaghilfen wurden abgeschnitten, so daß er kaum mehr benutzbar war.

Damals entstand ein großer Streit um die Übersetzung der Wandlungsworte. Das „pro multis“ war mit „für alle“ übersetzt worden. Die Patres, auch die Lateinlehrer, machten sich über all das offensichtlich keine tieferen Gedanken – sie standen ganz auf der Seite der Neuerer. Es gab einen Pater, der sehr unter diesen liturgischen Experimenten gelitten hat. Er war aber isoliert und wurde nicht selten auch von den anderen Patres vor den Schülern lächerlich gemacht.

Man merkte, daß es nicht um „Riten“ ging, sondern es bildete sich langsam die Krise, die heute noch nicht ganz überwunden ist.

(Dr. theol. Joseph Overath)


1 Kommentar:

  1. Das "pro Multis" hat ein treuer Priester aus der Nähe meiner Heimatstadt treu mit "für Viele" übersetzt. Täglich.
    Er hat es in seiner Pfarrei nicht leicht gehabt. Vor wenigen Jahren hat der seinen 75. Geburtstag gefeiert ...

    AntwortenLöschen