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Samstag, 18. April 2015

„Angeklagter oder Richter?“

Eine Buchbesprechung

Ein Buch des früheren Erzbischofs von Dakar und Gründer des Priesterseminars in Econe und der Priesterbruderschaft St. Pius X., – darf man es heute noch lesen, darf man es jungen Menschen als Lesestoff empfehlen, ja darf man von Erzbischof Marcel Lefebvre sprechen?

Das Buch trägt den Untertitel „Ein Darlegung und Verteidigung der päpstlichen Lehrentscheidungen gegen die modernen Irrtümer“.

Um es vorweg zu sagen: ja, man darf es, man soll es sogar!

Das Vorwort zu diesem Buch wurde 1994 geschrieben; es umfasst Reden, Predigten und Artikel über die Situation des Glaubens und der Kirche. Sie wurden zusammengetragen und als Buch veröffentlicht, mit dem fragenden Titel, wer denn hier Angeklagter oder Richter sei. Man hätte vielleicht auch einen anderen Titel wählen können, vielleicht so: Die päpstlichen Lehrentscheidungen und Enzykliken im Lichte des 2. Vatikanischen Konzils und der nachkonzilianischen Zeit. Aber sei es drum. Es geht natürlich darum, wie jemand diese damalige Zeit in der Kirche und viele Jahre davon in vorderster Front, durchstehen konnte, obgleich er, weil er nicht mit allem einverstanden sein konnte ob seines Wissens über das Lehramt und die katholische Tradition, mehr und mehr zur „persona ingrata“ wurde; man könnte auch sagen: zum Angeklagten.

Das Buch beginnt mit einer Erzählung von Erzbischof Lefebvre, sein Seminar in Econe sei von den französischen Bischöfen als „wildes Seminar“ bezeichnet worden. Und er erläutert sogleich, dass dies völlig falsch war. Der Bischof von Fribourg habe „am 1. November 1970 durch eine amtliche Ermächtigung die Priesterbruderschaft St. Pius X. in seinem Bistum genehmigt“. Auch Rom stimmte der Gründung zu, als „Kardinal Wright, der Präfekt der Kongregation für den Klerus, am 18. Februar 1971 ein Belobigungsschreiben“ an Erzbischof Lefebvre schickte. Bereits in diesen ersten wenigen Zeilen wird deutlich, dass das Leben dieses Kirchenmannes über viele Jahrzehnte hinweg vielen Verdächtigungen ausgesetzt war. Somit wird vielleicht verständlicher, warum die Herausgeber diesen Titel wählten.

Das über 400seitige Buch befasst sich in 12 Kapiteln mit Enzykliken der Päpste, anderen Lehrschreiben und Dokumenten, die eine bleibende Gültigkeit besitzen. Denn es ist nicht möglich, das Lehramt von gestern mit dem Lehramt von heute auszuspielen. Die katholische Lehre besteht ununterbrochen seit 2000 Jahren und niemand kann etwas davon aufheben.

Junge Menschen, aber auch ältere, die in der Konzilszeit oder Nachkonzilszeit aufwuchsen, sollten den Mut besitzen das Buch in die Hand zu nehmen und es studieren. Welche Informationen besitzen sie über diesen Zeitraum, aus welchen Quellen haben sie ihre heutige Kenntnis erworben? Es ist zu vermuten, dass sie alle, wie die meisten Katholiken in Deutschland und anderen deutschsprachigen Ländern, ihr Wissen aus den weit verbreiteten, vom liberalen Journalisten und Kirchenkreisen geförderten Medien erhalten haben. Vor allem sind zu nennen die Konzilsschriften von dem Jesuitenpater Mario von Galli, vor allem aber die aus der Feder des weitaus bekannteren Jesuiten Karl Rahner hervorgegangenen Schriften, Artikel und Bücher, die wohl kaum nicht in einem katholischen Haushalt zu finden waren. Und vor allem sind die Gläubigen durch die Religionslehrer und die Priester selbst beeinflusst und indoktriniert worden. Gerade die treuen Katholiken haben Jahrzehntelang den Priestern alles abgenommen, was sie ihnen sagten. „Wir müssen mit der Zeit gehen“, „ihr sollt mündige Christen sein“, „wir gehen einer großen christlichen Zukunft entgegen“ – so wurde gesprochen.

Erzbischof  Marcel Lefebvre wird von jenen, die sich als katholische Kirche bezeichnen, meist als derjenige genannt, der unerlaubt Bischöfe geweiht hat und sich damit die Kirchenstrafe der Exkommunikation zugezogen hat. Freilich darf man Lefebvre nicht nur mit dieser Sicht betrachten, auch wenn sie der Tatsache entspricht. Denn die Kirchenstrafe zog er sich alleine aus diesem Grunde zu, nicht aus anderen. Viele seiner Kritikpunkte sehen andere heute ähnlich oder genauso. Auch Theologen, Bischöfe und Kardinäle sind heute nicht mehr so blind, dies nicht zu erkennen. Allerdings: wer hat Lefebvres Mut?

„Wir können ohne Umschweife sagen, dass beim Zweiten Vatikanischen Konzil der Todeshauch der Revolution geweht hat. [...] Ich sage sogar, dass der Atem der Revolution gegen die Vergangenheit, gegen alles, was die Kirche vollbracht hatte, gegen die Tradition physisch zu spüren war. [...] Die Selbstzerstörung der Kirche, ständige Selbstkritik der Kirche. [...] Jedesmal, wenn ein Sprecher die Kirche oder einen der Überlieferung treuen Kardinal lächerlich machten [...] klatschten alle jungen Bischöfe Beifall. Im Grunde demonstrierten sie gegen die Autorität des Papstes.“

Es war damals den meisten nicht bekannt, dass es auch noch jene Katholiken gab, die diese Situation schon früh erkannt haben. Doch deren Sprachrohr war nicht mehr laut genug um es in den normalen Pfarreien zu hören. Und sie hatten keine medialen Möglichkeiten, ihre Stimme anderweitig hörbar werden zu lassen. Besonders ist die Kirchenpresse zu nennen, die hier ein unsägliches Zeugnis abgegeben hat. Kirchliche Presse- und Medienarbeit haben viel Schuld auf sich geladen.

Umso wichtiger ist es, dass dieses Buch im vergangenen Jahr 2014 noch einmal aufgelegt worden ist. Natürlich kommt auch der Teufel in dem Buch vor, der in den Pfarreien keine Rolle spielt. Hier heißt es: „Natürlich ist der Satan schlau, überragend intelligent. Er versteht sein Handwerk, er arbeitet bald mit Gewalt, bald mit Tarnung durch ein sehr menschenfreundliches Äußeres [...]. Viele lassen sich von dieser zweideutigen Sprache fangen, die dazu bestimmt ist, die schwachen Geister, die nicht nachdenken, anzuziehen, und sie lassen sich mitreißen. Natürlich sind alle Menschen frei, alle gleich, alle sind Brüder. Aber hier handelt es sich nicht um die wahre Freiheit, die wirkliche Gleichheit und die wahre Brüderlichkeit.“

Diejenigen, die nachdenken möchten, lade ich ein das Buch zu lesen; und jene, die nicht nachdenken wollen, fordere ich dazu auf dieses Buch zu lesen, damit sie lernen, zu sehen, wie sie manipuliert und bevormundet werden.

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Marcel Lefebvre
Angeklagter oder Richter?
Ein Darlegung und Verteidigung der päpstlichen Lehrentscheidungen 
gegen die modernen Irrtümer.
417 Seiten, 19,90 €
Sarto-Verlag




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