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Donnerstag, 23. April 2015

So war es. - Ein Sakristan erlebt die Liturgiereform. (2/8)

Es erschien in dieser Zeit ein Buch „Weltereignis Konzil“. Der Aachener Bischof Johannes Pohlschneider war mit meinem Onkel vor dem Petersdom abgebildet. Doch schon bald nach der Verabschiedung der Liturgiekonstitution im Herbst 1963 änderte sich das Klima. Nun lag ein erstes Ergebnis der Kirchenversammlung vor; nun war auch die Möglichkeit gegeben, dem Konzil Gehorsam zu leisten oder aber gegen das Konzil sich zu stellen. Leider wurde der Ungehorsam zu einem Erkennungszeichen vieler Kleriker. Nun kam das Schlagwort vom „Geist des Konzils“ auf; man faßte all seine Reformvorstellungen unter dem Begriff zusammen; das bald erscheinende „Konzilskompendium“ leistete einem falschen Verständnis Vorschub, vor allem, was die „musica sacra“ angeht (3). Das Konzil, so hieß es, sei ein „Prozeß“; es gehe nicht um die Texte, sondern um die Dynamik, die nun in der Kirche ausgebrochen sei. 

Ein Benediktinerpater vom Siegburger Michaelsberg predigte oft darüber, daß nun endlich der Hl. Geist über die Kirche ausgegossen worden sei – unsere Familie fuhr sonntags gerne wegen der Choralämter in diese Abtei. Die hier beschriebenen Vorgänge verdichteten sich wenig spät er in der Gründung der Zeitschrift „Concilium“, die sich dann zum führenden Organ der „Progressisten“ entwickeln sollte.

Das Konzil wurde greifbar in jeder Pfarrgemeinde in der Liturgie. Zunächst war im Spiritanerkloster Broichweiden keine äußere Veränderung zu bemerken; indessen in den Schulferien fiel mir auf, daß unser Heimatkaplan verschiedene Heiligenfiguren der Pfarrkirche umgestellt bzw. entfernt hatte. Hier deutete sich der nachkonziliare Bildersturm schon an, eine Kulturschande sondergleichen. 

Als Sakristan im Kloster waren jeden Morgen ca. 15 Privatmessen zu betreuen. Jeder Pater steckte am Abend an einer Tafel seine liturgische Farbe zu seinem Namen – und wir mußten dann abends die Paramente, exakt und genau, ohne Falten und Fehler, auslegen. Morgens vor der Schule galt es, die Kelche vorzubereiten – abends und morgens ein Verlust an Freizeit. Die Meßbücher mussten ebenfalls vom Sakristan richtig aufgeschlagen werden; das war nicht gerade leicht wegen der Votivmessen etc. Aber man lernte Latein seit der Sexta und da wuchs man in diese Welt hinein.

3 Karl Rahner/Herbert Vorgrimmler: Kleines Konzilskompendium. Freiburg 1966; so heißt es über die lateinische Liturgiesprache, sie sei „Nonsens“ und ein "museales Relikt" (42).

(Dr. theol. Joseph Overath)



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