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Donnerstag, 20. August 2015

Bernhard von Clairvaux

(aus Bernhard von Clairvaux, De diligendo Deo - Über die Gottesliebe)

Hat die Seele endlich erlangt, was allein noch der Gegenstand ihres Wunsches war: Was vermag dann weiter sie zu hindern, dass sie gleichsam aus sich selbst herausgehe und ganz in Gott sich versenke, sich selbst umso unähnlicher werde, je höher ihr die Gabe wird, Gott ganz ähnlich zu werden?

O heilige und keusche Liebe, o süße und liebliche Empfindung, o reine und geläuterte Absicht des Willens! Umso reiner und geläuterter, als keine Mischung unseres Eigenwillens darin weilt, umso lieblicher und süßer, als alles in göttliches Gefühl übergeht! Von solchem Gefühl durchdrungen sein heißt vergöttlicht werden. Wie ein Wassertröpfchen, in Wein versenkt, beinahe ganz aufgelöst scheint und Geschmack und Farbe des Weins annimmt, wie ferner das glühende und feurige Eisen ganz ähnlich wird dem Feuer und seine frühere Form verlässt, und wie die vom Sonnenlicht ganz durchstrahlte Luft in dieselbe Klarheit überzugehen scheint, dass sie nicht sowohl erleuchtet, denn vielmehr das Licht selbst zu sein scheint, also wird auch auf unaussprechliche Weise der menschliche Wille in den Seligen aufgelöst und ganz in den Willen Gottes verwandelt werden. Denn wie würde sonst Gott alles in allem sein, wenn im Menschen noch etwas vom Menschen übrig bleibt? Es wird zwar das Wesen bleiben; aber in anderer Gestalt, in anderer Herrlichkeit und in anderer Kraft.

Dann berauscht er seine Geliebtesten, dann tränkt er sie aus den Strömen seiner Wonnen. Daher jene Sättigung ohne Ekel, daher jenes unersättliche Verlangen ohne Unruhe, daher jenes ewige und unerklärbare Verlangen, welches keinen Mangel kennt, daher endlich jene nüchterne Berauschung, welche sich mit Wahrheit, nicht mit Wein sättigt, welche nicht von Wein trieft, sondern von Gott glüht. Dort wird Gott aufs Höchste und nur wegen sich selbst geliebt, da wir auch uns selbst nur wegen Seiner lieben, auf dass Er selbst die Belohnung derjenigen sei, die ihn lieben, die ewige Belohnung jener, die ihn ewiglich lieben.




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