Christlich gesehen, ist der
Gegensatz von Frieden nicht der Krieg, sondern die Sünde.
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Das Christentum ist keine
Buchreligion. Es zählen alle Zeugnisse der jungen Kirche, eben nicht nur die
Evangelien, sondern auch die frühe Tradition und die Lebenszeugnisse der jungen
Christen. Ich denke besonders an die Märtyrer.
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Religion ist etwas anderes
als Denken oder Fühlen. Es geht um ein Ergreifen der ganzen Person, die sich
bis ins Tägliche, bis in Gewohnheiten hinein ausformt. Und deshalb ist die
christliche Kultur nicht nur ein Akzidenz des Glaubens, sondern etwas aus dem
Christentum Geborenes, in den Alltag gewendete Religion. Wenn die Religion
nicht mehr den Alltag verändernd, formend, gestaltend wirkt, dann ist sie
unfruchtbar geworden. Dann ist sie nicht mehr da.
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Man kann sagen, wir haben
heute die Geschichte Jesu und seiner Jünger aufgeschlüsselt in psychologische
Phänomene mit der phantastischen Wendung, aus einem Versagen einen Sieg zu
machen – das findet man häufig bei Neurotikern oder bei Alkoholikern, die sich
ihre Welt zimmern. Und daraus wurde eine Massenpsychose.
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Jesus geht es überhaupt nicht
um Moral, ... Er will nichts anderes als die Vergöttlichung des Menschen: „Seid
vollkommen, wie mein Vater im Himmel vollkommen ist.“
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Das ist der Realismus des
Christentums. Die Sünde ist der Ausgangspunkt, schon am Anfang der
Menschheitsgeschichte als Erbsünde. Aber Jesus macht für den Einzelnen die
Umkehr möglich: Sündige nicht mehr. Dann kann es zur Aufhebung der Schuld
kommen, zur restitutio ad integrum. Der Mensch
ist dann wie Gott. Natürlich nicht im Sinne einer Selbstvergottung, er ist
vielmehr gottförmig geworden. Er denkt die Gedanken Gottes. Das ist das Ziel
des Christentums. Weniger ist es nicht. Es geht um ein Maximalprogramm. Auf
keinen Fall geht es um die Bewältigung von irgendwelchen Alltagsfragen. Man kann
sich die Botschaft Jesu nicht steil genug vorstellen.
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Ich möchte übrigens bemerken,
dass die Historisierung hier nicht als Fremdkörper hinzutritt. Sie hat schon
ihre Notwendigkeit im Christentum selbst. Wenn Christus eine historische Figur
ist, dann muss sie auch historisch betrachtet werden können. Und er ist eben
keine mythische Figur.
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Das Ereignis von Weihnachten
– das ist zunächst der Eintritt Gottes in die Geschichte, in die „Fülle der
Zeiten“. Es ist übrigens bezeichnend, dass die beiden populärsten
Andachtsbilder, die wir in der lateinischen Welt haben – Mutter mit Kind und
die Mutter mit dem toten Christus –, beide nicht den lehrenden Christus zeigen,
sondern den wortlosen, sogar den toten. Gott kann sogar tot sein. Er ist
wirklich Materie geworden. Das hat seine Konsequenz für die Sakramente der
Kirche, die an die Materie gebunden sind: Wasser und Feuer, Brot und Wein. Seit
der Inkarnation ist die Materie für die Kirche so wichtig, dass man geradezu
von einem „Sakralmaterialismus“ sprechen könnte.
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Gerade Weihnachten. Der
Glaube muss sich in einem Fest ausdrücken, wozu übrigens auch die Verschwendung
gehört. Christus spricht vom Himmel als einem Fest, als Gastmahl, als Hochzeit
des Lammes in der Apokalypse. Die Erlösung ist ein Fest. Und der Vorgeschmack
der Erlösung in der Anamnesis des Inkarnierten ist die Liturgie.
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Christus wird in der Messe
geboren, stirbt darin und steht auf.
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Es können nicht alle die
Summa theologica des Thomas von Aquin lesen. Das geht eben nicht. Aber wenn die
neuere Theologie so trivialisiert wird, wie einst die Scholastik trivialisiert
wurde, dann bleibt wirklich nicht viel übrig. Und dann darf man sich nicht
wundern, wenn die Leute den Kirchen entgleiten.
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Das Christentum ist die
Religion der Unruhe. Es wird gegenwärtig doch unendlich verharmlost. Da wird
die feucht-warme Barmherzigkeitsdecke schon übergestülpt, bevor das
Unfallopfer, von dem Papst Franziskus so gerne spricht, überhaupt festgestellt
hat, dass es verwundet ist.
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Wir haben die Liturgie, die
sich Räume baut, die Bilder hervorbringt, die natürlich auch ihre eigene Musik
hat, aber die im Kern von alldem auch wieder ganz unabhängig ist. Liturgie ist
eine Kunst, die ohne Kunst auskommt, sie kann auch in der Tiefgarage gefeiert
werden, ohne Musik und ohne Bilder und ohne geistreiche Predigt. Und es ist
dann kein Minus, sondern mag sogar noch eindrucksvoller sein.
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Ich bin sehr unbehaust, weil
es die Welt, in der ich behaust sein könnte, nicht mehr gibt. Ein witziger
Freund von mir sagte einmal: „Deutschland hat sich von mir isoliert.“ Ich bin
manchmal versucht, das auch von der Kirche zu sagen.
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