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Donnerstag, 29. Oktober 2015

Unterscheidung der Geister, Versuchung und Sünde

8 Regeln, um einigermaßen
die verschiedenen Bewegungen zu erklären und zu
erspüren, die in der Seele sich verursachen;
die Guten, um sie aufzunehmen,
die Schlechten, um sie zu verwerfen.

I. - Denen, die von Todsünde zu Todsünde gehen,
pflegt der Böse Feind gemeinhin augenscheinliche Lust vorzustellen,
indem er Bilder sinnlicher Ergötzungen und Lüste hervorruft, um sie
jeweils mehr in ihren Lastern und Sünden zu bewahren und zunehmen
zu  lassen.  Der  gute  Geist  verfährt  bei  solchen  in  entgegengesetzter
Weise;  er  stachelt  sie  auf  und  gibt  ihnen  Gewissensbisse  im  Innern
Instinkt der Vernunft.

II. - Bei  denen,  die  entschieden  voranmachen  in  der
Reinigung  von  ihren  Sünden  und  die  im  Dienste  Gottes  Unseres
Herrn  vom  Guten  zum  je  Besseren  übergehen,  hat  eine  Weise  statt,
die der ersten Regel entgegengesetzt ist. Denn nun ist es dem bösen
Geiste  eigen,  zu  beißen,  traurig  zu  stimmen  und  Hindernisse  zu
legen, indem er mit falschen Gründen beunruhigt, damit man nicht
weiter  vorrücke.  Und  dem  guten  Geist  ist  es  eigen,  Mut  und  Kraft,
Tröstungen,  Tränen,  Einsprechungen  und  Ruhe  zu  geben,  indem  er
alle  Hindernisse  leicht  macht  und  weghebt,  damit  man  im  Tun  des
Guten weiter voranschreite.

III. - Vom  geistlichen  Trost.  Ich  rede  von  Trost,  wenn  in
der  Seele  eine  innere  Bewegung  sich  verursacht,  bei  welcher  die
Seele  in  Liebe  zu  ihrem  Schöpfer  und  Herrn  zu  entbrennen  beginnt
und  demzufolge  kein  geschaffenes  Ding  auf  dem  Antlitz  der  Erde
mehr  in  sich  zu  lieben  vermag,  es  sei  denn  im  Schöpfer  ihrer  aller.
Desgleichen:  wenn  einer  Tränen  vergießt,  die  ihn  zur  Liebe  Seines
Herrn  bewegen,  sei  es  aus  Schmerz  über  seine  Sünden  oder  über
das Leiden Christi Unseres Herrn oder über andere unmittelbar auf
Seinen Dienst und Lobpreis hingeordnete Dinge. Und endlich nenne
ich  Trost  jede  Zunahme  von  Hoffnung,  Glaube  und  Liebe,  und  jede
innere Freudigkeit, die ihn zu den himmlischen Dingen ruft und zieht
und  zum  eigenen  Heil  seiner  Seele,  indem  sie  ihn  besänftigt  und
befriedet in seinem Schöpfer und Herrn.

IV. - Von   der   geistlichen   Trostlosigkeit.   Ich   nenne
Trostlosigkeit alles, was zur dritten Regel in Gegensatz steht, als da
ist:
Verfinsterung  der  Seele,  Verwirrung  in  ihr, 
Hinneigung  zu den   niedrigen   und   erdhaften   Dingen,  
Unruhe   verschiedener Getriebenheiten  und  Anfechtungen, 
die  zum  Mangel  an  Glauben, an Hoffnung, an Liebe bewegen,
wobei sich die Seele ganz träg, lau, traurig findet und wie getrennt
von ihrem Schöpfer und Herrn.
Denn wie  der  Trost  das  Gegenteil  der  Trostlosigkeit  ist,  so  sind  auch 
die Gedanken,  die  der  Trostlosigkeit  entspringen,  entgegengesetzt  den
Gedanken, die aus dem Trost entstehen.

V. - Zur Zeit der Trostlosigkeit soll man nie eine Änderung
treffen,  sondern  fest  und  beständig  in  den  Vorsätzen  und  der
Entscheidung stehen, in denen man am Tag vor dieser Trostlosigkeit
stand,  oder  in  der  Entscheidung,  in  der  man  im  vorausgehenden
Troste stand. Denn wie uns im Trost jeweils mehr der gute Geist führt
und  berät,  so  in  der  Trostlosigkeit  der  böse,  auf  dessen  Ratschläge
hin wir den Weg nie finden können, um das Rechte zu treffen.

VI. - Sollen wir in der Trostlosigkeit die früheren Vorsätze
nicht ändern, so ist es doch sehr von Nutzen, uns selber entschieden
gegen eben diese Trostlosigkeit hin zu ändern, so etwa, daß wir uns
mehr dem Gebet, der Betrachtung hingeben, uns viel prüfen und in
irgendeiner angemessenen Weise freigebiger Buße tun.

VII. - Wer in Trostlosigkeit ist, erwäge, wie der Herr ihn zur
Probe in seinen natürlichen Fähigkeiten gelassen hat, zu dem Zweck,
daß  er  den  verschiedenen  Antrieben  und  Anfechtungen  des  Feindes
widerstehe. Er kann es nämlich mit der göttlichen Hilfe, die ihm stets
verbleibt,  auch  wenn  er  sie  nicht  deutlich  spürt,  da  ihm  der  Herr
zwar seine große Glut, die besondere Liebe und die intensive Gnade
entzogen,  ihm  aber  die  zum  ewigen  Heil  genügende  Gnade  gelassen
hat.

VIII. - Wer in Trostlosigkeit ist, gebe sich Mühe, in der Geduld
auszuharren, die den ihn überkommenden Quälereien entgegenwirkt.
Und er möge bedenken, daß er gar bald wieder getröstet sein wird ...

(Ignatius von Loyola, Die Exerzitien)



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