C-Kind findet das
alles schon recht spannend: „Aber woran merkt man denn, dass das eine
christliche Zeitung ist?"
Äh, mal sehen. Also erstmal steht es auf dem Deckblatt. Mhm,
ein Interview über Banker, Filme, die Lust auf Schule machen... ach hier: Das
Quiz, da geht es um Bibelfragen, und hier, sieh mal, da ist ein Spruch
Salomons. Und hier, die Schriftstellerin, die wird nach ihrem Glauben gefragt.
Und da ist ein ganzer Artikel, der sich mit der Frage beschäftigt, ob die
Kirchen mehr wissen als andere! Die Bücher, die beworben werden, sind auch
alles christliche Bücher.
B-Kind stromert
vorbei und wirft einen kritischen Blick des fachmännischen und weltgewandten
Siebzehnjährigen hinein: „Was für Gutmenschen", lautet sein lakonischer
Kommentar. „Würde mich nicht überzeugen." . . .
C-Kind greift den
Kommentar des Bruders, der natürlich längst wieder, mit etwas Essbarem beladen,
hinausgestromert ist, dankbar auf, um die Diskussion zu verlängern. Sie will
wissen, was ein Gutmensch ist.
Na toll. Jemand, der relativ tiefgedankenlos einen auf
sozial macht? Kapiert sie nicht. Mhm. Wir spenden für die Suppenküche und
fahren mit dem Bus statt mit dem Auto, essen ehrliches Essen, trennen brav unseren
Müll, freuen uns über die Crystal Meth-Selbsthilfegruppe. Dann legen wir das
hinten angebotene Legespiel mit der Farbspirale, benutzen den Zauberstempel und
den Scheibenturm. Beim Abendessen verwenden wir das Servierbrett Dackel aus
Nussbaumholz, nachdem wir Salz und Pfeffer aus dem Eiche-Gewürzregal geholt und
die Suppe mit dem Kipp-Kochlöffel aus geöltem Kirschbaumholz gerührt haben -
alles ökologisch wertvoll. Und zur guten Nacht hören wir noch „Der Mond ist
aufgegangen", setzen uns mit einem Glas Wein auf die Terrasse und fühlen
uns gut. Und weil wir so gut sind, kommen wir alle in den Himmel. C-Kind findet
das gar nicht schlecht. Sie möchte unbedingt den Dackel haben.
Das war so grob das Fazit aus dem Durchforsten dieser
Zeitung. Kuschelreligion, gespickt mit einigen sozialen Hammerschlägen, damit
man sich engagiert, gelegentlich spendet, bestimmte Dinge liest und tut oder
eben auf keinen Fall liest und tut. Männer kommen im Blatt übrigens eher
sporadisch vor, klar, die sind ja meistens auch nicht so kuschelig.
Was in dieser Zeitschrift wohl generell auch nicht so
thematisiert wird, sind Begriffe wie Glaubenskampf, Härte, Stärke, Hölle,
Teufel, mögliche Gefahren des Islams, mögliche Probleme mit zu vielen
Asylbewerbern und mit abgelehnten Asylbewerbern, Artikel darüber, was der christliche
Glaube bedeutet und uns abverlangt, die Möglichkeit, dass andere vielleicht gar
nicht mitkuscheln wollen, sondern die Waffen auspacken, die wir gerade so schön
mental eingepackt haben.
Vatican-Magazin 10/2015
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