Auf der Suche nach einem
Seelenführer findet sie endlich den von Benediktinerinnen und in Adelskreisen
hochgeschätzten Weltpriester Jacques Bertot. Als Schüler des 1659 in Caen
verstorbenen Laienmystikers und Seelenführers Jean de Bernieres-Louvigny, der
sogar Priester und Ordensleute auf den mystischen Weg führte, macht er Jeanne-Marie
mit dessen Lehre von der reinen Liebe und vom Sich-Verlieren in den Willen
Gottes vertraut. De Bernieres-Louvigny ist eine der zahlreichen - und wie Jeanne-Marie
Guyon weithin vergessenen - Gestalten des „goldenen Zeitalters" der
französischen Mystik, an das dieses Buch unter anderem erinnern möchte.
Am 1. Juni 1672 stirbt ihr
Vater, vier Tage später ihre Tochter Maria-Anna. Am 22. Juli des gleichen
Jahres tritt sie unter der seelsorglichen Führung der Benediktinerin Genevieve
Granger (1600-1674), die sie seit 1668 als Vertraute hat, in eine mystische
Verbindung mit Jesus dem Kinde, dessen Verehrung für ihren inneren Weg prägend
sein wird. 1674 wird das vierte Kind geboren. Das folgende Jahr läßt eine Zeit
innerer Prüfung und mystischer Reifung beginnen, die insgesamt sieben Jahre dauert.
Am 21. März 1676 gebiert sie ihr fünftes und letztes Kind. Am 21. Juli des gleichen
Jahres stirbt ihr Mann nach dreiwöchiger schwerer Krankheit.
Für die achtundzwanzigjährige
Witwe geht es nun um die völlige Neuorientierung der äußeren Gestalt ihres Lebens.
Ihr großes Vorbild, die hl. Johanna Franziska von Chantal, war mit neunundzwanzig
Jahren Witwe geworden und hatte vier Kinder geboren. Mit zweiunddreißig Jahren
traf sie Franz von Sales und nahm ihn zu ihrem Seelenführer. Jeanne-Marie Guyon
begegnet 1679 erneut P. La Combe, der nach dem Tode Bertots 1681 - sie ist dann
dreiundreißig Jahre alt - ihr Seelenführer wird.
(vgl. E. Jungclausen,
Suche Gott in dir; 1986)
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