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Freitag, 8. Mai 2015

Wer war Jeanne-Marie Guyon (4/8)

Der Bischof von Genf, der wie seinerzeit Franz von Sales in Annecy residierte, sah in ihr eine Hilfe, in der Nähe von Genf, nämlich in Gex, eines der berühmt-berüchtigten „Neukatholikenhäuser" zu eröffnen, wo protestantische Mädchen und Frauen zum Katholizismus „umerzogen" wurden. Das erste Haus dieser Art war schon 1634 in Paris eröffnet worden. Erzbischof Fenelon war hier von 1678-1688 geistlicher Berater.

Der Weg Madame Guyons in die neue Aufgabe war allerdings von einer schmerzlichen Entscheidung begleitet; ähnlich wie bei Johanna Franziska von Chantal geht es dabei um die Trennung von den Kindern und die Regelung ihrer Erziehung und Versorgung. Der Benediktiner Claude Martin (1619-1696), berät in jenen Jahren Jeanne-Marie bezüglich ihrer neuen Aufgabe. Sie nimmt nur ihre jüngste Tochter mit sich; die großzügig geregelte Versorgung der beiden Söhne wird unter die Verantwortung eines Vetters ihres Mannes gestellt und später durch Vormundschaft der Schwiegermutter abgelöst.

Mit Madame Guyons Abreise nach Gex, wo sie am 22. Juli 1681 eintrifft, beginnt für sie ein unstetes Wanderleben, das eigentlich erst mit ihrer Einkerkerung in der Bastille am 4. Juni 1698 zur Ruhe kommen wird. In Gex erkennt sie bald aufgrund verschiedener Schwierigkeiten, daß das Neukatholikenhaus nicht ihre eigentliche Aufgabe ist, trotz aller Unterstützung seitens ihres Seelenführers P. La Combe, der in der Nähe, in Thonon, Hausoberer einer Niederlassung seines Ordens ist. Sie geht nach Thonon, wo die Ursulinen ebenfalls ein Haus haben und daher die Erziehung ihrer Tochter übernehmen können. Sie macht zweimal Exerzitien bei P. La Combe, in deren Folge sie auf sein Geheiß 1682 wie unter einem inneren Diktat ihr erstes und vielleicht bedeutendstes Werk „Die geistlichen Ströme" niederschreibt. Von ihr überarbeitet, zirkuliert es in vielen Abschriften, erscheint aber erst 1704 im Druck.

(vgl. E. Jungclausen, Suche Gott in dir; 1986)


1 Kommentar:

  1. Von der Dame hatte ich noch nie gehört und mal den Wikipedia-Artikel angeklickt.
    Bin mal gespannt, was noch kommt hier in der Folge.
    Mir ist nach der Wiki-Lektüre nicht so ganz klar, inwiefern sie mit der katholischen Kirche in Konflikt kam. Mir ist überhaupt nicht ganz klar, wo sie steht - das mit dem "inneren Diktat" finde ich fast unheimlich.
    Sie hat ja offensichtlich ihren großen Erfolg v.a. in deutschsprachigen pietistischen Kreisen erlebt.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Jeanne_Marie_Guyon_du_Chesnoy

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