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Donnerstag, 7. Mai 2015

Wer war Jeanne-Marie Guyon (3/8)

Am 22. Juli 1680 macht sie eine tiefgreifende Erfahrung. Sie schreibt:

„Mich dünkte, meine Seele sei wie das Neue Jerusalem
geworden, von welchem in der Offenbarung des Johannes
gesagt wird, dass keine Trauer, noch Schmerz, noch Klage mehr
darinnen sei. Ich hatte eine solche Gleichmut in mir, daß mir
alles vollkommen eins war. Die Vereinigung mit dem Willen
und Wohlgefallen Gottes war so groß, dass in mir kein einziges
Verlangen oder eine Neigung zu etwas war...
Meine Seele fand, dass ein anderer Wille (und nicht der eigene)
den Platz eingenommen hatte, ein ganz göttlicher Wille,
welcher ihr nichtsdestoweniger so eigen und so natürlich war,
dass sie sich unendlich freier befand in diesem Willen,
als sie wohl jemals in ihrem eigenen gewesen war...

O Einigung in der Einheit,
die Jesus Christus von Gott für die Menschen erbeten
und auch selbst für sie verdient hat, wie stark bist du in einer
Seele, die sich auf solche Art in ihrem Gott verliert!
Da bleibt die Seele nach der Vollendung dieser göttlichen Einheit
Mit Jesus Christus in Gott verborgen.
O seliges Sich-Verlieren!
Ja, um so viel seliger, weil es nicht etwas Vorübergehendes ist
wie bei der Entrückung, die mehr ein bloßes Absorbiert-werden
als ein Sich-Verlieren ist, weil die Seele sich gleich danach wiederfindet,
sondern ein bleibendes und dauerhaftes
Sich-Verlieren in einem unermeßlichen Meer".

Dieses Sich-Einsfühlen und Sich-Verlieren im Willen Gottes läßt Jeanne-Marie Guyon nach dem Auftrag Gottes für ihren neuen Lebensabschnitt fragen, der offensichtlich mit ihrer Witwenschaft begonnen hat.

(vgl. E. Jungclausen, Suche Gott in dir; 1986)



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