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Donnerstag, 6. März 2014

B. Schellenberger über die Kirche (9 v. 9)

Heute muss man ziemlich lange von der Basis weg sein, bis man zum Bischof tauglich befunden wird; und mindestens dreißig, vierzig Jahre, bis man zum Papstamt als fähig gilt.

Wenn dagegen einmal ein gewöhnlicher, relativ junger Gemeindepfarrer mitten aus seiner Seelsorgspraxis heraus nach einem repräsentativen Verfahren zum Papst gewählt würde, statt von einem Gremium von Kardinals-Greisen, die Jahrzehnte lang vorverlesen wurden und ihre Kandidatensuche auf ihresgleichen beschränken: Wie spannend wäre das zum Beispiel, ob sich da das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes bewähren würde! Das würde dann zur echten Glaubenserfahrung.

Aber wenn nur immer einer Papst wird, der vorher vierzig, fünfzig Jahre lang auf allen höheren Ebenen der Hierarchie dafür getrimmt wurde, schließt man die Wahrscheinlichkeit so gut wie aus, dass der Mann je vom Gleis abweicht. Damit umhüllt man das Dogma nicht mit Glauben, sondern armiert es mit einem Betonmantel, damit ja nichts passieren kann. Da wird lieber umsichtig organisiert, damit man nicht mehr viel Glauben braucht. Neues braucht man dann auch nicht mehr zu erwarten; der Ausreißer Johannes XXXIII. blieb ja zum Glück für die obersten Bewahrer eine kurzlebige Ausnahme.

Aber genauso zum Glück gibt es trotzdem die vielen eingangs aufgezählten Seiten der Kirche. Sie mag durch noch so kleingläubige Oberverwalter behindert und geschädigt werden, und ich möchte nicht um alles in der Welt die Verantwortung für so viel Versäumtes und so viele verlorene Gläubige tragen, die diese auf sich laden – umgebracht werden kann die Kirche nicht, sagt mir mein Glaube. Und zudem: Ich kenne keine insgesamt bessere Kirche.      

[Vom Ressentiment der europäischen Katholiken
gegen ihre Kirche und einigen Gründen dafür
(c) Bernardin Schellenberger 2007]


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