Wenn dagegen einmal ein gewöhnlicher, relativ junger
Gemeindepfarrer mitten aus seiner Seelsorgspraxis heraus nach einem
repräsentativen Verfahren zum Papst gewählt würde, statt von einem Gremium von
Kardinals-Greisen, die Jahrzehnte lang vorverlesen wurden und ihre
Kandidatensuche auf ihresgleichen beschränken: Wie spannend wäre das zum
Beispiel, ob sich da das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes bewähren
würde! Das würde dann zur echten Glaubenserfahrung.
Aber wenn nur immer einer Papst wird, der vorher
vierzig, fünfzig Jahre lang auf allen höheren Ebenen der Hierarchie dafür
getrimmt wurde, schließt man die Wahrscheinlichkeit so gut wie aus, dass der
Mann je vom Gleis abweicht. Damit umhüllt man das Dogma nicht mit Glauben,
sondern armiert es mit einem Betonmantel, damit ja nichts passieren kann. Da
wird lieber umsichtig organisiert, damit man nicht mehr viel Glauben braucht.
Neues braucht man dann auch nicht mehr zu erwarten; der Ausreißer Johannes
XXXIII. blieb ja zum Glück für die obersten Bewahrer eine kurzlebige Ausnahme.
Aber genauso zum Glück gibt es trotzdem die vielen
eingangs aufgezählten Seiten der Kirche. Sie mag durch noch so kleingläubige
Oberverwalter behindert und geschädigt werden, und ich möchte nicht um alles in
der Welt die Verantwortung für so viel Versäumtes und so viele verlorene
Gläubige tragen, die diese auf sich laden – umgebracht werden kann die Kirche
nicht, sagt mir mein Glaube. Und zudem: Ich kenne keine insgesamt bessere
Kirche.
[Vom Ressentiment der
europäischen Katholiken
gegen ihre Kirche und
einigen Gründen dafür
(c) Bernardin
Schellenberger 2007]
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