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Montag, 7. April 2014

Betrachte und erbebe! - Kreuzweg, 2. Stat.

2. Station - Jesus wird zum Tode verurteilt

Man gibt ihm seine Kleider wieder, und
das Kreuz wird ihm gebracht.
„Gegrüßt, o Kreuz“ sagt Jesus, „das ich so lange begehrt!“

Und du, o Christ. Betrachte und erbebe!
O feierlicher Augenblick, in dem Christus
Das erstemal das ewige Kreuz umfaßt!
O Baum des Paradieses, an diesem Tage erfüllt!

Betrachte, Sünder, und sieh, wie weit es
deine Sünden gebracht haben.
Kein Verbrechen gibt es mehr, ohne dass
ein Gott darauf ist,
und kein Kreuz mehr ohne Christus.
Wohl ist das Unglück des Menschen groß,
aber wir dürfen nichts mehr dagegen sagen,
denn Gott ruht darauf, er,
der nicht gekommen ist, auszulegen,
sondern zu erfüllen, -
Jesus empfängt das Kreuz.
„Wir geben ihm Holz für sein Brot“,
wie es beim Propheten Jeremias heißt.
Ach, wie ist das Kreuz lang, wie ungeheuer ist es und wie schwer!
Wie hart ist es! Wie starr!
Wie drückend das Gewicht des unnützen Sünders!
Wie lang muss man es tragen, Schritt für Schritt,
bis man darauf stirbt!

Und du willst das alles alleine tragen, Jesus?

Mach nun auch mich geduldig unter dem Holze,
von dem du willst, dass ich es tragen soll.
Denn wir müssen
das Kreuz tragen,
ehe es uns trägt.

(Paul Claudel (1868-1955), Der Kreuzweg
Übertragen von Klara Marie Faßbinder, 1938)

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