Wohl hat er eben noch
gelitten,
jetzt aber wird er sterben.
Leise bewegt sich das große
Kreuz in der Nacht:
ein Gott atmet darauf.
Alles ist da.
Laßt nur das Werkzeug
wirken,
das durch die Verbindung
der zwei Naturen
unerschöpflich aus dem Born
der Seele und des Leibes
und der hypostatischen
Vereinigung
herauspreßt und
herauszieht,
was nur an Leidensfähigkeit
in ihm ist.
Er ist ganz allein wie
Adam, als der im Paradiese war.
Für drei Stunden ist er
allein und kostet,
von Gott verlassen, den
Wein:
die unüberwindliche
Unwissenheit der Menschen.
Er sinkt in sich zusammen,
unser Gast;
seine Stirn neigt sich nach
und nach.
Er sieht seine Mutter nicht
mehr,
und sein Vater verlässt
ihn.
Er kostet den Kelch,
langsam vergiftet ihn der
Tod. -
–
Hattest du denn nicht genug
an diesem bittern,
mit Wasser gemischten Wein,
dass du plötzlich dich
aufrichtest und rufst:
mich dürstet?
Du hast Durst, o Herr?
Bin ich es, zu dem du
sprichst?
Hast du mich denn noch
nötig und meine Sünden?
Fehle ich dir noch,
bis alles vollbracht ist?
(Paul Claudel (1868-1955), Der
Kreuzweg
Übertragen von Klara Marie
Faßbinder, 1938)
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