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Freitag, 14. November 2014

Johannes von Avila, der unbekannte Kirchenlehrer (5/12)

Vor der Inquisition

Für Johannes von Avila war das Evangelium die wichtigste Quelle des inneren Lebens. Damit schien er Luther nahezustehen, für den die Heilige Schrift die alleinige Richtschnur für den Christen war. Zudem konnten manche seiner Aussagen zum kontemplativen Leben in einem illuministischen Sinn interpretiert werden, obwohl er sich in Wirklichkeit vom Illuminismus deutlich distanzierte.

„Ich warne Sie vor einem Missverständnis, nämlich zu glauben, dass die wahre Gottesliebe in dem Gefühl liegt, das man empfindet. Gott macht seine Liebe nicht im Gefühl erfahrbar, sondern dort, wo Sie sie richtig verstehen, d.h. wenn Sie aus Liebe zu Ihm bedenkenlos leiden, wenn Sie aus seiner Hand alles annehmen, ohne etwas zurückzuweisen, wenn Sie mehr Wert darauf legen, demütig, keusch und geduldig zu sein, für Christus zu leiden, zu schweigen und verachtet zu werden, als auf das Fühlen bestimmter Emotionen bzw. einer besonderen Andacht." (Brief)

Im Laufe des Prozesses wurde immer deutlicher, dass Johannes von Avila Opfer einer Intrige war. Beleidigte Reiche und eifersüchtige Amtsbrüder hatten versucht, ihn seine Armenfürsorge und seine Erfolge als Prediger büßen zu lassen. Johannes behielt auch in den kritischen Phasen des Prozesses sein Gottvertrauen und verzichtete sogar auf sein Recht, Belastungszeugen zu widersprechen. In einem Brief an seine Freunde schrieb er aus dem Gefängnis:

„Meine geliebten Brüder, möge Gott eure Augen gnädig öffnen, damit ihr erkennt, welche Gunst Er uns dort erweist, wo die Welt nur Nachteile sieht; wie wir auf der Suche nach der Ehre Gottes selbst geehrt werden, indem man uns entehrt; welche große Ehre für uns reserviert ist wegen der Schläge, die wir zurzeit einstecken; wie zärtlich, liebevoll und sanft die Arme sind, die Gott uns entgegenstreckt, um alle zu umfangen, die im Kampf für ihn verwundet werden!"

Das Gericht sprach Johannes von Avila am 5. Juli 1533 öffentlich frei, forderte ihn jedoch auf, in der Verkündigung umsichtiger zu sein. Zu diesem Zweck hielt er in Gegenwart der Inquisitoren eine feierliche Predigt in Sevilla.

Johannes von Avila wurde im Jahre 1537 
zum Doktor der Theologie promoviert.


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