Vor der Inquisition
Für Johannes von Avila war
das Evangelium die wichtigste Quelle des inneren Lebens. Damit schien er Luther
nahezustehen, für den die Heilige Schrift die alleinige Richtschnur für den
Christen war. Zudem konnten manche seiner Aussagen zum kontemplativen Leben in
einem illuministischen Sinn interpretiert werden, obwohl er sich in
Wirklichkeit vom Illuminismus deutlich distanzierte.
„Ich warne Sie vor einem Missverständnis,
nämlich zu glauben, dass die wahre Gottesliebe in dem Gefühl liegt, das man
empfindet. Gott macht seine Liebe nicht im Gefühl erfahrbar, sondern dort, wo
Sie sie richtig verstehen, d.h. wenn Sie aus Liebe zu Ihm bedenkenlos leiden,
wenn Sie aus seiner Hand alles annehmen, ohne etwas zurückzuweisen, wenn Sie
mehr Wert darauf legen, demütig, keusch und geduldig zu sein, für Christus zu
leiden, zu schweigen und verachtet zu werden, als auf das Fühlen bestimmter
Emotionen bzw. einer besonderen Andacht." (Brief)
Im Laufe des Prozesses
wurde immer deutlicher, dass Johannes von Avila Opfer einer Intrige war.
Beleidigte Reiche und eifersüchtige Amtsbrüder hatten versucht, ihn seine
Armenfürsorge und seine Erfolge als Prediger büßen zu lassen. Johannes behielt
auch in den kritischen Phasen des Prozesses sein Gottvertrauen und verzichtete
sogar auf sein Recht, Belastungszeugen zu widersprechen. In einem Brief an
seine Freunde schrieb er aus dem Gefängnis:
„Meine geliebten Brüder,
möge Gott eure Augen gnädig öffnen, damit ihr erkennt, welche Gunst Er uns dort
erweist, wo die Welt nur Nachteile sieht; wie wir auf der Suche nach der Ehre
Gottes selbst geehrt werden, indem man uns entehrt; welche große Ehre für uns
reserviert ist wegen der Schläge, die wir zurzeit einstecken; wie zärtlich,
liebevoll und sanft die Arme sind, die Gott uns entgegenstreckt, um alle zu
umfangen, die im Kampf für ihn verwundet werden!"
Das Gericht sprach
Johannes von Avila am 5. Juli 1533 öffentlich frei, forderte ihn jedoch auf, in
der Verkündigung umsichtiger zu sein. Zu diesem Zweck hielt er in Gegenwart der
Inquisitoren eine feierliche Predigt in Sevilla.
Johannes von Avila wurde
im Jahre 1537
zum Doktor der Theologie promoviert.
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