In ihr betätigt sich die
Nächstenliebe (vgl. Lk 10,37).
Die sittliche Pflicht der Barmherzigkeit
besteht schon von Natur aus.
Während das Heidentum alter und
neuer Prägung vielfach darauf vergessen hat, fordert die christliche
Sittlichkeit eindeutig Barmherzigkeit.
„Selig sind die Barmherzigen,
denn sie werden Barmherzigkeit erlangen“ (Mt 5,7).
„Geht und lernet verstehen,
was das heißt: Erbarmen will ich und nicht Opfer“ (Mt 9,13; vgl. 12,7; 18,33;
23,23; Röm 12,8; Kol 3,12; Jak 7,17).
„Denn das Gericht ist ohne
Erbarmen für den, der kein Erbarmen geübt hat. Erbarmen jedoch triumphiert über
das Gericht“ (Jak 2,13).
Schon das AT kündete als
Weisung des Herrn: „Handelt ein jeder gütig und barmherzig an seinem Nächsten“
(Sach 7,9).
Christliche Barmherzigkeit
findet ihr erhabenstes Vorbild in Christus und in Gott Vater.
„Mich erbarmt des Volkes“ (Mk
8,2). „Kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid: ich will euch
erquicken“ (Mt 11,28). „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“ (Lk
6,36).
Besonders das NT läßt uns ja
Gott als den Barmherzigen erkennen (Lk 1,78; Röm 9,16.23; 11,30-32; 12,1; 15,9;
2 Kor 1,3 u.a.).
Wie die Nächstenliebe im allgemeinen
darf sich deren Teilverwirklichung, die Barmherzigkeit, nicht auf ein inneres
Anteilnehmen beschränken, sondern muß sich in der Tat bewähren. Die Pflicht, Barmherzigkeit
durch die Tat zu üben, wird selbstverständlich nur dann drängend, wenn dem
Menschen wirkliche Not begegnet und wenn er die Möglichkeit hat zu helfen. Je
schwerer die Not und je größer die Hilfsmöglichkeit, umso drängender die
Pflicht, hilfreich einzugreifen. Je nach der Art der Not, in der sich der
Mitmensch befindet, werden leibliche und geistige Werke der Barmherzigkeit
unterschieden.
Zu den leiblichen Werken der
Barmherzigkeit zählen (vgl. Mt 25,35 f.42 f): Hungrige speisen, Durstige
tränken, Fremde beherbergen, für die Kleidung Dürftiger sorgen, die Kranken
besuchen, sich um die Not Gefangener annehmen.
Jesus unterstreicht ihre
Wichtigkeit: Seligkeit und Verdammung hängen davon ab, ob der Mensch in solchem
Tun zum Liebenden geworden ist (Mt 25,34 f.41 f; vgl. 2. Vat. Konz.,
Apostolicam actuositatem 8).
Beispiele geistiger Werke der
Barmherzigkeit sind: Unwissende belehren, den Zweifelnden recht raten, Betrübte
trösten, Sünder zurechtweisen.
Wenn das Liebesgebot
verpflichtet, das leibliche Wohl des Nächsten zu fördern, dann um so mehr das
geistige Wohl, das noch größere Bedeutung hat. Diese Betätigung der Nächstenliebe
ist hervorragende Aufgabe christlichen Apostolats.
(aus: Karl Hörmann, Lexikon
der christlichen Moral, LChM 1969, Sp. 55-58)
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