(Clemens von Alexandria)
Die Lehre der Tradition ist zwar immer dieselbe, doch
deswegen ist sie nicht immer in derselben Weise ausgebildet, ausgefeilt und
verfeinert. Sie erhält nach und nach im Lauf der Zeit mehr Einsichtigkeit,
Klarheit und Genauigkeit, besonders dann, wenn Häresien in Erscheinung treten.
Im allgemeinen hat man für jede Glaubenslehre drei Stadien zu unterscheiden:
das Stadium des einfachen Glaubens, das Stadium der vollständigen Erklärung und
das Zwischenstadium, wo man beginnt, vom einfachen Glauben zur theologischen
Spekulation überzugehen und wo aufgrund zahlreicher Anfangsschwierigkeiten die
Erklärungen oft noch weniger genau und die Ausdrucksweisen gelegentlich
missverständlich sind. Diese Ausdrucksweisen lassen eine Klärung im Sinne der
Rechtgläubigkeit nicht nur zu, sondern machen eine solche sogar erforderlich,
wenn man die spezifischen Grundsätze berücksichtigt, die für die Auslegung der
patristischen Texte gelten.
(Aus: Louis Billot. Tradition und Modernismus. 2. Kap.
Die Ursache der scheinbaren Widersprüche in den Zeugnissen
der Tradition)
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