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Sonntag, 17. Januar 2016

Die Veronika kommt zurück nach Rom. Stimmt das?

CNA Deutsche Ausgabe:


Die Veronika kommt zurück nach Rom, habe ich gehört. Stimmt das, Herr Badde?

PAUL BADDE: Die Rückkehr der Veronika dauert schon seit Jahren und Jahrzehnten. Es ist ein Prozess. Doch es ist eine Rückkehr vom Urbild Christi zur ganzen Welt, und jetzt eben auch nach Rom.

CNA: Was soll das heißen: Veronika?

BADDE: Es ist ein einzigartig transparentes Tuchbild Christi, das im Lauf der Geschichte viele Namen hatte. Darunter ist der Name Veronika gewissermaßen eine Allegorie, die sich aus den lateinisch-griechischen Bestandteilen Vera Ikon (Wahres Bild) zusammensetzt. Bis zum Sacco di Roma im Jahr 1527 war es der kostbarste Schatz der Päpste. Seit Jahrhunderten wird dieser so genannte Schleier der Veronika  allerdings in einer kleinen Kirche in den Abruzzen aufbewahrt.

CNA: Wer hat es gemalt?

BADDE: Es ist nicht gemalt. Es enthält keinerlei Farben, wie das Turiner Grabtuch. Aber auch keinerlei Blut. Kein Mensch kann erklären, wie es entstanden ist.

CNA: Und dieser Schatz kommt jetzt nach Rom zurück?

BADDE: Ja, aber nur als eine Kopie dieses wahren Bildes! Es ist ein kostbarer maßstabgenauer Laserdruck auf feinster Seide, in einem originalen alten Rahmen der Reliquie aus den Jahren 1902 – 1946. Und diese Replik kommt nun erstmals und feierlich nach Rom zurück, jedoch nur für rund 30 Stunden – gewissermaßen auf einer Pilgerschaft zum heiligen Jahr.

CNA: Wer bringt sie hierhin und wann?

BADDE: Kapuziner und Pilger aus Manoppello bringen die Kopie des Schleiers am zweiten Sonntag nach Epiphanie, am so genannten Sonntag  "Omnis Terra", zum Petersdom und dann von dort in einer Prozession zur Kirche Santo Spirito in Sassia.  Das ist in diesem Jahr der 17. Januar.

CNA: Gibt es dafür einen Anlass?

BADDE: Ja, am gleichen Sonntag "Omnis Terra" des Jahres 1208 hat Papst Innozenz III. erstmals die VERA ICON – oder wie es damals in Rom hieß: das "Sudarium Christi quod veronica vocatur" (das Schweißtuch Christi, das Veronika genannt wird) öffentlich gezeigt, als er es von dem damaligen Tresor der kostbaren Reliquie in Sankt Peter barfuß mit seinen Chorherren in das Ospedale Santo Spirito in Sassia getragen hat. Damit begründete er die Tradition der Verehrung des Gesichtes der Barmherzigkeit (MISERICORDIAE VULTUS) in der lateinischen Kirche und in der Welt des Westens.

CNA: Wieso?

BADDE: Weil Papst Innozenz III. gleich beim ersten Mal, als er das heilige Bild aus der Verborgenheit löste, es eben nicht in die Paläste Roms getragen hat, sondern explizit zu den 300 Kranken seines Hospitals, wohin er zu dieser Gelegenheit auch noch 1000 Arme aus ganz Rom eingeladen hatte. Ihnen allen ließ er dabei aus der Spendenkasse von Sankt Peter je drei Denare aushändigen (einen für Brot, einen für Fleisch und einen für Wein) verlieh dem Krankenhaus einen Rang als "Stazione sacra" künftiger Pilgerwege. Mit diesem Schritt nahm er deshalb auch schon die Tradition aller folgenden Heiligen Jahre vorweg. Denn diese Prozession wurde von da an jährlich wiederholt, mit jährlich wachsenden Pilgerzahlen aus aller Welt nach Rom. 

CNA: Gibt es dafür Belege?

BADDE: Ja, und sie sind überaus zahlreich. Es gibt in Europa kaum eine alte Pfarrei, in der sich nicht alte abgegriffene Pilgerabzeichen mit dem Gesicht Christi finden, oder mit der päpstlichen Tiara, den Schlüsseln Petri und dem heiligen Gesicht. Das Gesicht Christi aber war immer zentral. Davon bekomme ich fast täglich neue Beispiele geschickt. Eine ausgezeichnete neue Website, die diese Bilder unter www.veronicaroute.com sammelt, kann sie auf ihrer Landkarte Europas kaum noch alle fassen. Dieses Antlitz war gleichsam der Polarstern der Christenheit.

CNA: Aber gibt es auch literarische Zeugnisse dazu?

BADDE: Allerdings! Am Ende des gleichen 13. Jahrhunderts erwähnt die heilige Mechthild im fernen Hackeborn in Deutschland schon den Sonntag Omnis Terra als den Tag, an dem man in Rom das Christusbild zeigt, ebenso wie die heilige Gertrud, die den Tag mit ihren Mitschwestern in Helfta mitfeierte. Ab 1300 spielte das Bild Christi dann in allen heiligen Jahren eine Schlüsselrolle, erst recht, als die Päpste schon in Avignon und gar nicht mehr in Rom residierten. Die Zeugnisse sind zahlreich, von mittelalterlichen Dichtern oder Pilgern, etwa von einem Giovanni Villani, wo beschrieben wird, wie sich Pilger unter lauten Anrufungen der "Misericordia" vor dem Bild versammelten. Zu der Zeit hatte Papst Johannes XXII. (1316 – 1334) schon seinen ungeheuer populären Hymnus "Salve Sancta Facies" auf dieses Schleierbild gedichtet: Sei gegrüßt, heiliges Gesicht ... Seit dem frühen Mittelalter wurde dieses Sudarium schon in der hymnischen Ostersequenz des burgundischen Dichters Wipo besungen. Es gab ein eigenes Ufficium, das heißt ein eigenes Messformular  zur Verehrung des Heiligen Gesichts.




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