Drittes Stadium:
Schließlich bleibt noch das dritte Stadium der Lehre, der
die dritte Klasse von Zeugnissen entspricht: Das Stadium, in der die Lehre mit Genauigkeit erklärt wird,
wo man, um die Worte des Vinzenz von Lerins zu verwenden, klarer versteht, was
bis hierhin ein dunkler Gegenstand für den Glauben war und wo die nachfolgende
Generation froh war, mit der ganzen erforderlichen Unterscheidung klar erkannt
zu haben, was die vorhergehende Generation ohne tieferes Verständnis verehrte.
Dieses Stadium beginnt für die meisten Lehren zu der Zeit, als die Kirche durch
Konstantin den äußeren Frieden erhalten hatte.
Seit damals erzielte die Theologie in der Durchdringung der
geoffenbarten Wahrheiten große Fortschritte, und das machte sich vor allem im
Laufe des 4. und 5. Jhs. bei Gelegenheit der damals auftretenden Irrtümer
bemerkbar. In dieser Epoche erforschten Athanasius, Hilarius, Basilius und
Gregor von Nazianz in ihren Schriften die innergöttlichen Hervorgänge in
erschöpfender Weise. Die Theologie dieser Lehre erhält ihre Vollendung bei
Augustinus in dessen 15 Büchern De trinitate. Denn endlich hat man das Prinzip
klar formuliert, das den Schlüssel zum Verständnis dieses so tiefen Geheimnisses
bietet, soweit es unsere sterbliche Verfassung zulässt: In Gott ist dort alles
völlig gleich, wo der Gegensatz der Relation nicht greift. In dieser Zeit wird
auf die Lehre der Sakramente, der Gnade, der Erbsünde, der neuen Heilsordnung
des Evangeliums im Verhältnis zum alten Bund helles Licht geworfen; diese
Klarstellungen erfolgen in den Kontroversen von Augustinus mit den Donatisten,
den Pelagianern, den Manichäern. In dieser Zeit verkündet das Konzil von
Ephesus seine Definitionen über die hypostatische Union, und Leo der Große
richtet an Flavian jenen großartigen Brief, worin das ganze Dogma der
Inkarnation so deutlich, in so genauen Begriffen und Ausdrucksweisen erklärt
wird.
(Aus: Louis Billot. Tradition und Modernismus. 2. Kap.
Die Ursache der scheinbaren Widersprüche in den Zeugnissen
der Tradition)
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