Immer hat „Ankunft",
mag es sich um das Kommen des Freundes oder des Feindes handeln, etwas
Anspruchsvolles. Sie nimmt den Menschen für das Kommende in Anspruch und führt
ihn so, indem sie ihn sich selbst und seiner Begrenzung entführt, einer höheren
Stufe des Seins, der Vollendung seines menschlichen Wesens näher.
Im rein menschlichen
Bereich gilt das vor allem von jener schauervollen Ankunft, die wir
„Geburt" und „Tod" nennen. Wo ein Kind ankommt oder der Tod einen
Menschen überkommt, da übt diese Ankunft den höchsten Anspruch auf den Menschen
aus, reißt ihn zum wenigsten auf eine Zeitlang aus seinem beschränkten
menschlichen Sein heraus und bringt ihn mit einer übergeordneten Macht in
Berührung: dem Leben, das sich nach Gefallen schenkt und entzieht.
In einziger Weise aber
bewirkt das die Ankunft im religiösen Sinne: die Gotteserscheinung. Hier
bestimmt die Ankunft das ganze weitere Leben des Menschen, zu dem Gott kommt.
Die Gottesankunft beansprucht den Menschen nicht auf eine Zeit, sondern für
immer, nicht in einem Teil seiner Kräfte, sondern ganz. Das ist ihr zugleich
Erschreckendes und Beglückendes. Sie ist das, was der Mensch am meisten
fürchtet und am meisten sucht: der Raub, der Tod seines Ichs und ein neues
Leben in Gott.
(Aemiliana Löhr, Das Herrenjahr)
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