Der
bekannte Kunsthistoriker Prof. Dr. Peter Stephan hat sich gestern im
Zusammenhang mit den fürchterlichen Ereignissen im Irak zu Wort gemeldet und auf
seiner facebook-Seite Stellung genommen. Er schreibt unter der Überschrift „Die
Wahrheit der Bilder“:
„Die
Werke der 'Alten Meister', die wir meist nur wegen ihrer künstlerischen
Qualität bestaunen, vermögen etwas, was die moderne Kunst nur noch in den
seltensten Fällen leistet: Sie zeigt die Größe, aber auch die Abgründe der
menschlichen Natur in ihrer ganzen Bandbreite. Damit trägt sie weit mehr zur
Aufklärung bei, als all jene 'Künstler' bzw. 'Kunstmacher', die nur provozieren
wollen oder die sich in die Abstraktion geflüchtet haben. Oder die sich darin
gefallen, religiöse Bildmotive zu persiflieren - wobei sie das Leid und den
Schrecken, den diese Motive authentisch dokumentieren, geflissentlich
ignorieren. Eine narzisstische, feige Selbstbezüglichkeit, die sich als
erbärmlich entlarvt, aber in eine Zeit passt, die vor den Schrecken und Bosheit
der Welt die Augen verschließt.“
„Erschreckend ist aber auch die heutige Ausbildung der Kunsthistoriker. Wir sind darauf konditioniert worden, die Bilder nach Stil, Kolorit und Epoche zu beurteilen. Der theologisch-geistige Gehalt interessiert allenfalls, sofern er Aufschluss über den Bildinhalt oder die Interessen des Auftraggebers gibt. Durch ihre Musealisierung sind diese Bilder letztlich neutralisiert, ja entmachtet worden. Ihre Stelle als mahnende Zeugen haben die Fotografien eingenommen. Aber auf die damaligen Betrachter müssen der Bethlehemitische Kindermord von Giotto, die Enthauptung Johannes des Täufers von Caravaggio oder das Martyrium des heiligen Serapion von Zurbaran genauso schockierend gewirkt haben, wie auf uns die Fotos aus Auschwitz oder die Videos aus Syrien und dem Irak.
Es
wird Zeit, dass wir die eigentliche Dimension der Kunst wiederentdecken. Dass
wir den alten Bildern ihre Sprache zurückgeben, uns von ihnen berühren lassen
und uns dem stellen, was sie und die Bilder von heute uns zu sagen haben. Und
dass wir den auf ihnen dargestellten Opfern aller Zeiten Ehre erweisen und dem
Bösen, wo und wie es uns auch begegnet, entschlossen und mutig entgegentreten -
in der Gewissheit, dass - allem Geschrei Seiner Feinde zum Trotz - Christus der
Herr und der Sieger der Geschichte ist.“
Professor
Stephan hat vier Kollagen eingefügt, mit denen er die aktuellen Geschehnisse mit
Ausschnitten aus Werken der 'Alten Meister' verbindet.
Danach fährt der Kunsthistoriker, der sich auch bei sonstigen Recherchen mit der Darstellung und medialen Inszenierung von Gewalt befasst hat, beinahe resignierend fort:
„Es
gibt noch viel Schlimmeres, das man nicht einmal als Foto zeigen kann. Wenn man
es gesehen hat, verfolgt es einen für den Rest des Lebens. Und mir ist eines
völlig klar geworden: Was uns die Maler vergangener Zeiten mitgeteilt haben,
sind nicht einfach nur fromme Erzählungen, die wir aufgrund ihrer
künstlerischen Umsetzung in den Museen als 'Meisterwerke' bestaunen dürfen. Es
sind zeitlose Dokumentationen dessen, wozu Bosheit und wahnhafte Verblendung
fähig sind. Sie zeigen die menschliche Natur in all ihren Abgründen, die sich
unter der dünnen Decke der Zivilisation verbergen. Und es zeigt, was Benedikt
XVI. immer wieder gesagt hat, nicht zuletzt in seiner Regensburger Rede:
Religion ohne Vernunft pervertiert zum pathologischen Fanatismus.“
Link:
Prof. Dr. Peter Stephan
Link:
Prof. Dr. Peter Stephan
Großartig und erschütternd ! Danke !
AntwortenLöschenEbenfalls danke dafür. Spricht mir aus der Seele, hab es nämlich nie verstanden wie man vor den Bildern der alten Meister stehen kann und gebildet vor sich hinschwallen kann. Hatte jedoch schon immer den Verdacht, dass man damit sich einen Schutzschirm vor der Botschaft der Bilder errichtet.
AntwortenLöschen