Innerhalb von vier
Jahrzehnten hat sich in La Pierre-qui-Vire vieles verändert. Die Zahl der Mönche
ist von hundert auf vierzig gesunken. Allein dieses Jahr wurden drei begraben.
Doch haben die
Verbliebenen in der Abtei viel gebaut und renoviert. Eine neue Kirchenfront, in
den Nischen von Scheinwerfern angestrahlt, und ein Gästehaus, das einem Hotel
der Mittelklasse gleicht. Das Innere der Kirche ist fast gleich geblieben. […]
Rechts und links der
Mönchschor aus einfachen Stühlen. Ein kleiner Altartisch unter dem gleißenden
Lichtkranz. Hinter den Schlitzen einer Gitterwand die züngelnde rote Kerze des
Allerheiligsten. […]
Die Biografie von Bruder
Servan ist abenteuerlich. Seine Eltern steckten ihn bereits mit elf Jahren in
das Internat von La Pierre-qui-Vire. Trotz der Einsamkeit und Strenge bewahrt
er eine gute Erinnerung an diese Zeit. Mit 18 tritt er ein, fünf Jahre
Noviziat. Als sich die Eltern trennen, trifft es ihn: „Man kennt nicht viel vom
Leben, hinterher muss man erkennen." Die ersten Jahre sind hart, „ein
bisschen wie bei den Trappisten". Doch sind da ja noch andere junge Anwärter
und der Novizenmeister, „bei ihm kann man sich ausweinen". Während des
zweijährigen Militärdienstes in Algerien
erlebt er Gewalt und Folter hautnah. […]
Erstaunlich, wie offen er
über diese Konflikte spricht: „Der geistliche Kampf ist nicht nur ein sexueller.
Doch ich hatte noch zu lernen, dass der Mann einer Frau gegenübertreten soll,
sie ist sein Vis-a-vis. Diese Krise tritt erst im Alter von 40 bis 50 Jahren
auf. Der Abt hat uns Freundschaften mit Frauen erlaubt. Es waren nicht nur
Brieffreundschaften. Da weint man sich woanders aus. Diese affektive Seite ist
stark. Mit der Gnade Gottes reißt man sich schließlich die Geschichte aus der
Seele."
Bruder Servan ist Dichter
und ein Meister des Lächelns, auch über sich selbst. Mit 77 hat er die Zeit der
Leidenschaften überstanden. Die Kirche ist offen, er erlebt große
Freundschaften. Das Vertrauen zu den Brüdern wächst, vor allem zu den Betagten
und Kranken. 25 der verbliebenen Mönche sind älter als er, 20 haben das 80.
Lebensjahr überschritten.
„Wir sind nicht auf Erden,
um hierzubleiben.
Der Tod ist unsere
eigentliche Berufung." […]
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