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Mittwoch, 4. Dezember 2013

Erster Adventssonntag (4)

Der Herr ist die Liebe. 

Sein Kommen offenbart ihn als die einzigartige, sich selbst verschenkende Liebe, die Gott allein eigen ist: die Agape. Weil er Agape ist, darum kommt er. 
Und weil sein Kommen Agape ist, darum ist es Gericht. Seine bloße Gegenwart verurteilt, weil sie Liebe ist, das Böse in uns, weil es wider die Liebe ist, und macht die guten Kräfte des erlösten Lebens die Liebe Gottes in uns — frei. 

Nun kann wachsen und sich entfalten, was der Glaube und die Taufe grundgelegt, aber die Sünde wieder gehemmt hatte. „Näher ist jetzt unser Heil als damals, da wir zum Glauben kamen." Am Gerichte dieser Ankunft Christi im Mysterium kann unsere Erlösung noch wachsen, bis das Endgericht sie vollendet. Freudig geht darum die Kirche in den Advent:
 
Richtet euch auf, und erhebt euer Haupt, denn eure Erlösung naht!"

Gericht und Reinigung sind der Kirche nicht Endzweck.
Sie erwartet mehr vom Mysterium des Herrenadvents. „Diese Mysterien mögen uns reiner hinführen zu ihrem Ursprung", betet die Sekret. Was aber ist Ursprung des Mysteriums, wenn nicht Christus selbst in seiner ganzen gottmenschlichen Wirklichkeit? Ihn begehrt die Kirche zu schauen und zu ergreifen. Er ist die eigentliche Frucht, die sie vom Lebensbaum des Mysteriums pflücken will. Der Sonnenblick seiner richterlichen Ankunft hat ihr Auge gereinigt und erhellt. Nun drängt es sie, seine göttliche Gegenwart ganz zu schauen, ihn in sich hineinzulassen und eins mit ihm zu werden. 

„Ostende nobis - zeige uns!" fleht sie mit einem alten Mysterienausdruck.
„Ostensum est mihi — es wurde mir gezeigt", so leiten manche Martyrerakten die himmlischen Gesichte der Blutzeugen ein. Schau ist die Sehnsucht aller Mysterienfeier, schon bei den Heiden. Schau und Vereinigung. Den Gott schauen und selbst Gott werden ist das Verlangen jedes Mysten, mit einem Worte: das Heil.

(Aemiliana Löhr, Das Herrenjahr)



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