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Montag, 9. Dezember 2013

Zweiter Adventssonntag (2)

Die Kirche läßt den Jubel dieser Frohbotschaft triumphieren über den Ernst der Bußpredigt.

Denn wenn auch Johannes verkündigte, was er sah: den menschgewordenen Gott, so hat doch die Kirche mehr gesehen als er: die Erlösung der Welt und die Herrlichkeit des neuen Menschen! Diese Wunder konnte Johannes in der Jordantaufe, die, wie wir noch sehen werden, ein Bild des Todes und der Auferstehung des Herrn war, nur ahnen. Darum ist nach dem Wort des Herrn der Geringste im Gottesreich der Kirche „größer als Johannes der Täufer".

In der Adventsbotschaft der Kirche dunkeln nicht mehr die Schatten der jahrtausendelangen Unerlöstheit, sondern flammt und jubelt das Licht einer fast zweitausendjährigen Erfahrung des Heiles. „Deus manifeste veniet - Gott kommt sichtbar", ruft sie. Ich trage ihn in mir: hier ist er, seht ihn! Sie erwartet und verkündet, was sie schon besitzt. In neuer Begehung des neuen Heilsjahres soll es ihr nur zu immer tieferer Erfahrung und Erlösung werden.

Freude gewisser Erwartung beherrscht darum heute alle Gesänge der Messe: Heroldsrufe, deren stürmischer Jubel das Herz fast erzittern macht im Glück des Gegenwärtigen und Kommenden. Gleich das Eingangslied klingt wie die Stimme eines gewaltigen Herolds, der von Bergeshöhe seine Botschaft hineinruft in eine unabsehbare Menge freudig sich drängenden Volkes. Worte des Isaias sind es, der seinem Volke das Ende der langen Sehnsuchtsnacht vorhersagt und die Ankunft des Messias verkündet.

Aber der sie uns heute zuruft, uns, dem Volke des Neuen Bundes, ist der Sänger der Kirche, ist die Kirche selbst. Herold ist sie und Hörer zugleich: Herold in ihren Sängern, Hörer in jedem von uns. Jetzt, wenn das Eingangslied angestimmt wird, umdrängen wir die Höhe, woher der Ruf erschallt, wir, das neue Volk Sion, die Ekklesia Gottes.

(Aemiliana Löhr, Das Herrenjahr)



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