Eutropius fühlte, wie etwas in ihm zerbrach. Wie sollte er nur diesem heiligmäßigen alten Mönch die Nachricht beibringen, er hatte ja Dom Maxim buchstäblich gequält, ihm zu erlauben, die Pioniere zu begleiten. Er wusste, dieser eifrige Mann sehnte sich danach, die Neue Welt zu erreichen. Und nun ... mitten auf dem Atlantik ...
Kurz
darauf beugte sich der Prior über die ausgestreckte Gestalt und sagte: „P. Benezet,
die beiden Ärzte bestätigen, was ich schon vermutet hatte.
In der vergangenen Nacht haben Sie einen Schlaganfall erlitten.
Nun sind Sie dem Ende der langen Reise, die Sie mit uns begonnen haben, sehr
nahe ... "
Der
alte Mönch wandte sich ihm. zu. Seine Zunge war
geschwollen, und er murmelte nur: „Was sagen Sie, Pater Prior?"
„Sie
sind im Begriff, eine längere Reise anzutreten, Bruder. Sie gehen heim zu
Gott."
Ein
seltsames Feuer kam in die Augen des Kranken. Er
versuchte, sich aufzurichten. Seine Stimme wurde deutlicher, als er, den Blick
auf den Prior gerichtet, sagte: „Sie glauben, dass ich jetzt sterbe!"
P.
Eutropius sah ihn scheu an. Es war ein Ruf gewesen, keine Frage, die er getan.
„Ja, Bruder", antwortete er endlich, „das habe ich gesagt. Die Ärzte ...
"
Der
Prior kam nicht weiter. Der Kranke war in seine
Koje zurückgesunken, und ein Laut, der fast wie Jubel klang, kam über seine blauen
Lippen. P. Eutropius beugte sich über ihn und hörte ihn sagen:
„Oh,
wie der gute Gott mich liebt! Wie er mich liebt!"
Tränen
glänzten in seinen lichtvollen Augen, als er sich wieder an den Prior wandte
und sagte: „Sie müssen ihm statt meiner danken, Vater ... Sie und die ganze
Kommunität ... Wie gut ist er ... Er nimmt meinen Willen für die Tat ...
Wollen Sie mir nun die Letzte Ölung geben, Vater ... Dann
bin ich ganz bereit."
Die
Kommunität versammelte sich um die Koje. P. Eutropius holte das Krankenöl und
vollzog die Letzte Ölung. Dann begann er mit lauter Stimme - um trotz des
Sturmes, der durch das Takelwerk fuhr, verstanden zu werden - die Gebete für
den Sterbenden; das Stöhnen des Schiffes und das Wogen der Brandung begleiteten
seine Worte. P. Benezet erkannte die Gebete und schüttelte den Kopf. P.
Eutropius neigte sich zu ihm und hörte ihn sagen: „Noch nicht, Vater, noch
nicht! Ich muss noch viel mehr leiden ... für Gott ...,
ehe ich sterbe!" Der Prior schloss das Rituale und legte die Stola ab. Er
blickte auf den Kranken, die Ärzte hatten gesagt, er würde kaum zu leiden
haben, aber die geballte rechte Hand und die fest geschlossenen Augen verrieten
etwas anderes. Der Superior setzte sich auf den Schemel, den
P. Timotheus neben die Koje gestellt hatte und fing eine lange und einsame
Wache an. Im Verlauf der Stunden schien der Sturm zuzunehmen, in Wirklichkeit wuchs
die Stille im Raum. Die Aufmerksamkeit aller war jetzt auf den Kranken
gerichtet.
(aus
Fr. M. Raymond, Die weißen Mönche von Kentucky, Freiburg 1956)
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