Alle
waren sichtlich enttäuscht, aber P. Eutropius
begrüßte die Nachricht, hatten sie doch nun Gelegenheit,
das große Fest Allerheiligen gemeinsam mit den Schwestern zu
feiern und das hl. Opfer für die armen
Seelen darzubringen. Viele aus der Kommunität freuten sich
mit ihm über den Aufschub, denn keine Andacht ist den Trappisten so teuer wie
die für die Verstorbenen.
Der
2. November war ein stürmischer Tag. Aber kurz nach Mittag wandte die kleine
tapfere „Braunschweig" Frankreich den Rücken und fuhr dem Meere
entgegen. Die Passagiere waren schon seekrank, noch ehe die Taue aufgerollt
waren.
Am
Freitagmittag stolperte der Maat am Fuße des Besanmastes über P. Eutropius. Der
Trappist spuckte Blut. Caulkins schleppte ihn zur
Luke und dann hinunter ins Zwischendeck.
Alle Mönche bis auf drei befanden
sich im gleichen Zustande wie ihr Superior. Was
Kapitän Thomas vor kurzem noch ein Heiligtum genannt hatte,
war jetzt nichts weiter als ein Krankenhaus mit Schwerkranken.
Am folgenden Montag stieg Caulkins die gleiche Luke wieder
hinab, diesmal in Begleitung von zwei Ärzten aus der ersten Klasse. P.
Eutropius hatte dringend darum gebeten.
Noch
ehe der letzte die Leiter vollends hinabgestiegen war, dankte ihnen
P.Eutropius
für ihr Kommen und sagte, einer seiner Mönche sei
sehr krank. Er glaube, der Kranke habe in der vergangenen Nacht einen
Schlaganfall bekommen, nun bitte er um Rat, was
zu tun sei.
Schnell
führte er die Ärzte zu der Koje, in der P. Benezet lag. Die Ärzte beugten sich
über ihn, fühlten den Puls und zogen die Augenlider in die Höhe. Die
Untersuchung war schnell beendet. Die Ärzte richteten sich auf, blickten
einander an und wandten sich zum Gehen. P.
Eutropius, der erriet, dass sie sich nicht in Gegenwart des Kranken
äußern wollten, führte sie hinaus. Er hatte in ihren Mienen gelesen,
und sein Mund zog sich zu einer strengen Linie zusammen.
Als sie den Raum der Mönche verlassen hatten, wandte er sich an
sie. „Es ist eine Lähmung, nicht wahr?" fragte
er und sprach sehr laut, um sich bei dem Sturm verständlich zu machen.
Die
Ärzte nickten.
"Wie
alt ist er?" wollte der ältere wissen. „Siebzig", erwiderte der
Prior.
Die
Ärzte wechselten einen Blick, dann schüttelten sie den Kopf.
„Es tut mir leid", sagte der Sprecher, „aber ich fürchte,
wir können nichts für ihn tun." „Besteht gar keine Hoffnung
mehr?" fragte der Superior besorgt. „Bei diesem Alter nicht, Hochwürden.
Aber seien Sie unbesorgt, er wird kaum leiden."
(aus
Fr. M. Raymond, Die weißen Mönche von Kentucky, Freiburg 1956)
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