„Die älteste dieser geretteten Ikonen ist die so
genannte Lukas-Ikone – oder „Advocata" – die sich seit dem Jahr 1221 im
Kloster der ersten Dominikanerinnen in Rom befindet. Domenico de Guzman hatte
sie persönlich am 28. Februar aus der nahen Kirche Santa Maria in Tempulo
hierhin getragen. Auf welchen Wegen sie dort hin gelangt war, ist ungewiss.
Nach Rom kam sie wohl schon Jahrhunderte vorher. Es ist jene archaische Darstellung
Marias, die in Russland „Rimskaja" oder „Liddskaja" (Die Römische
oder Lyddische) genannt wird.“
Maria-Advocata, Foto © P.Badde
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„Ihre Gesichtsfarbe war die eines Weizenkorns"
„In Lydda, dem heutigen Lod beim Ben-Gurion-Airport
zwischen Jerusalem und Tel Aviv, soll überhaupt das erste Bild Marias
aufgetaucht sein, wie es in einem Brief dreier Patriarchen an Kaiser Theophilos
aus dem Jahr 833 heißt. „Sie war von mittlerer Größe", heißt es in einem
anderen Schreiben Bischof Epiphanios aus Zypern, aus dem 5. Jahrhundert, und „ihre
Gesichtsfarbe war die eines Weizenkorns". Sie habe Augen aus Bernstein,
dunkle Brauen, Pupillen wie Oliven, eine schlanke Nase und einen rosenfarbenen
Mund. Gesehen haben kann er sie selbst nicht mehr; gesehen haben könnte er
allerdings dieses Bild und den seelenberuhigenden Blick dieser Augen. Es passt
auf die Beschreibung wie ein Ei in einen Eierbecher.
Das Lindenholz ist – wie von einem Wasserschaden – an
den Ecken ruiniert und so brüchig, dass sich das Alter nicht mehr bestimmen
lässt. Würmer haben die Tafel schwer zerfressen. Sie ist etwa eine Elle breit,
anderthalb Ellen hoch. Vom Original des Porträts ist nur ein Fragment
geblieben: allein das Gesicht. Eine spätere Punzierung in Gold rahmt das Antlitz
ein. Haarrisse durchziehen die Kornfeldfarbe der Haut und die korallroten
Lippen. Ihre Hände sind – zum Schutz vor Küssen – mit Gold überzogen und weisen
nach rechts, wie zu einem Weg.“
Paul Badde hat sich schon
seit mehreren Jahren, nachdem er die „Advocate“ wiederentdeckt hatte, sowohl um
das Bildnis selbst, als auch um die Jahrhunderte alte vernachlässigte
Bausubstanz des fast unbekannten Dominikanerinnenklosters verdient gemacht.
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