Es
wurde Tag und wieder Nacht, und noch immer zog sich das Sterben hin. Der Kranke
hatte Recht behalten. Er musste noch viel leiden. Wenn auch die Schmerzen seine
Züge prägten, seine Hände sich zusammenballten, der Jubel in seiner Stimme
erlosch nicht, wenn er sprach. Der Kranke lag im Todeskampfe,
aber er war sehr, sehr glücklich.
Am
dritten Tage, als der Superior für einen Augenblick hinausgegangen war, um in
der frischen Luft einen klaren Kopf zu bekommen, wurde ihm plötzlich klar, dass
er mit den anderen kaum gesprochen hatte, seit der Todeskampf begonnen hatte.
Er
rief sich ins Gedächtnis zurück, wie ihn gefröstelt hatte, als er den ersten
Todesfall in Melleray erlebt hatte. Er
musste versuchen, den Eindruck auf die Novizen
zu mildern. Er kehrte zu seinen Mönchen zurück.
Neben Bruder Isaac blieb er stehen. Als
dieser von seinem Rosenkranz aufblickte, sagte der Prior: „Nehmen Sie es nicht
so schwer, Bruder."
„Schwer?"
flüsterte der Bruder kaum
hörbar. „Ich fühle nur Neid, Vater. Ich bin fast so alt wie Benezet. Warum holt
Gott mich nicht heim? Ich könnte Gethsemani vom Himmel aus weit
besser bauen, als ich es je auf Erden vermag." P. Eutropius klopfte dem
Bruder auf die Schulter
und ging weiter.
Wenn
alle so empfanden, dann war seine Sorge unbegründet. Als er
aber
zu Antoninus kam, erkannte er wirklichen Schmerz in den Augen
des
Jungen.
„Verlieren
wir ihn wirklich, Vater?" fragte er. „Verlieren?"
protestierte der Prior. „Aber lieber Bruder, wir gewinnen ihn. Gerade weil
er in den Himmel geht, hört er nicht auf, der
Kommunität von Gethsemani anzugehören,
wissen Sie. Er kann von da aus viel mehr für uns tun ... "
Der
junge Bruder schüttelte den Kopf.
„Komm",
sagte der Prior und fasste ihn
bei der Hand. „Knie neben
mir an seiner Koje nieder und höre, wie er betet."
Sie
hatten kaum drei, vier Schritte getan, als
einer der Mönche, die neben dem Kranken knieten, dem Superior
aufgeregt winkte, „Beeilen
Sie sich, Pater Prior, ich glaube,
er stirbt."
(aus
Fr. M. Raymond, Die weißen Mönche von Kentucky, Freiburg 1956)
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