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Sonntag, 9. Dezember 2012

Das Meer ist ihr Kloster (3 von 14)

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P. Paul erhielt umgehend Antwort auf seinen Brief, und Dom Maxim stellte die Gruppe der Auswanderer zusammen. Die Liste las er am 23. Oktober im Kapitel vor.
Sie enthielt manche Überraschung und sprach von ungewöhnlicher Großmut. Der erste Name auf der Liste war der des P. Eutropius, den er, als P. Paulinus nach Amerika fuhr, zum Prior von Melleray gemacht hatte. Das war für viele eine Überraschung, denn P. Eutropius war ein verhältnismäßig junger Trappist, er hatte erst vor zwei Jahren die Gelübde abgelegt. Seine Ernennung war ein Beweis für Dom Maxims große Selbstlosigkeit, denn seit Eutropius sein Amt angetreten hatte, zeigte er ungewöhnlichen Unternehmungsgeist, Leistungsfähigkeit und die seltene Gabe, mit Menschen umzugehen. Er würde wohl Dom Maxims rechte Hand geworden sein, wenn er in Melleray geblieben wäre. P. Paulinus sollte in Kentucky bleiben - während P. Paul zurückkam -, nicht nur um die Pioniere zu empfangen, sondern als zweiter Oberer der neuen Kommunität.

Die ganze Liste war voll Überraschungen.
17 Chormönche, von denen 14 bereits die Gelübde abgelegt haben und 3 noch Novizen sind, bilden einen Teil der Kommunität: die Patres Eutropius, Paulinus, Euthymius, Benezet, Robert, Johannes Chrvsostomus, Emmanuel, Hieronymus, Timotheus, Dorotheus, Eduard, Ephrem, Michael und Adrian, dazu die Novizen Philemon, Augustin und Benedikt.
Dazu 23 Laienbrüder: 19 Professen: Lee, Medardus, Jakobus, Karl, Hilarion, Amedeus, Thomas, Augustin, Theodoret, David, Saturninus, Matthäus, Isaac, Philibert, Antoninus, Julius, Eugen, Elias und Hieronymus; ein Novize: Orsise; der Oblate Lazarus; die Postulanten Ferdinand und Isidor. Und endlich sollten drei Familiare die Kommunität vervollständigen: Julian, Bedoue und Huig. Der Name eines zwölf jährigen Jungen, Peter, ließ die Liste auf 44 ansteigen und betonte nachdrücklich die Extreme in einer Gruppe, die schon genug Gegensätze aufzuweisen hatte.

Die Mönche waren erstaunt, als sie sahen, dass sich weißhaarige und gebeugte Männer in dieser Gruppe von Pionieren befanden. Verlangte nicht die Gründung eines Klosters die Begeisterung und Kraft der Jugend? Was tat dann P. Benezet, ein Chormönch, mit seinen siebzig Jahren dabei? Er sollte sich lieber auf die Reise in die Ewigkeit vorbereiten als auf die Fahrt in die Neue Welt! Und was sollte Isaac, der 67jährige Laienbruder? Eignete er sich für ein Land, das die Indianer „das dunkle und blutigegenannt hatten und das andere als das unberührte bezeichneten? Die ersten drei der genannten Laienbrüder und auch der einzige Oblate waren alle an die sechzig. Wie konnte man sich so viele bejahrte Männer in einer Gruppe erklären, die von jugendlichem Tatendrang erfüllt sein sollte? Die Antwort ist nicht in der Tatsache zu suchen, dass die meisten Trappisten ein biblisches Alter erreichen und manche sogar ein höheres, sondern in der tieferen Erkenntnis, dass St. Benedikt seine Regel schrieb, als die römische Welt im Innern morsch war und die Barbaren von außen die Menschheit in einen dunklen Abgrund trieben, in dem sie 500 lange Jahre leben sollte.

Der hl. Benedikt hätte wohl kaum Dom Maxim getadelt, weil der 70jährige P. Benezet zu der gleichen Gruppe gehörte wie der 18jährige Bruder Antonius, noch auch wegen des anderen Extrems, dass Postulanten und Novizen mit Männern gingen, die vor ihrem goldenen Jubiläum standen. Eigentlich hatte ja der hl. Benedikt von Nursia diese anscheinend schlecht gewählte Kommunität zusammengestellt, als er verlangte, dass Benediktinerklöster weit von den Behausungen der Menschen entfernt und weitgehend unabhängig und selbstständig sein sollten, soweit das sterblichen Menschen möglich ist. Weil der Vater der westlichen Mönche Gottesstädte diesseits des Himmels bauen wollte, lagen die Benediktinerklöster in den abgelegensten Tälern, oder sie klammerten sich an unzugängliche Berghänge. Diese Städte mussten alles zum Leben Notwendige selbst haben, wie „Wasser, eine Mühle, einen Garten, eine Bäckerei und die verschiedenen Werkstätten, um zu verhindern, dass die Mönche ausgingen", denn das ist, wie der hI. Benedikt am Schlusse seiner Regel sagt, „keinesfalls förderlich für ihre Seelen".

(aus Fr. M. Raymond, Die weißen Mönche von Kentucky, Freiburg 1956)

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